Ein vom Regen durchweichter Hartplatz. Zwei Mannschaften, die sich bei tristem Wetter mit kurzen Sprints aufwärmen. Eine Haupttribüne mit 20 Zuschauern, die über Haarausfall diskutieren. Auf den ersten Blick eine Szenerie, wie sie auf Deutschlands Fußballplätzen an jedem Wochenende tausendfach zu beobachten ist. Und doch ist die Partie zwischen der DJK Eintracht Borbeck III und der Tgd Essen-West V in der Kreisliga C kein Spiel wie jedes andere.
Erst bei genauem Hinsehen merkt man, dass sich einige Spieler der Borbecker aus dem Essener Nordwesten nicht so geschickt bewegen wie ihre Gegner, dass sie Situationen langsamer erfassen. Manchmal ist der Ball schon weg, wenn sie zum Schuss ausholen. Sie sind leicht behindert, körperlich oder geistig.
"Die beeinträchtigten Spieler sind sehr lernfähig, auch wenn es manchmal etwas länger dauert", sagt Trainer Thorsten Bobkowski, der sich mit einem Basecap vor den Regentropfen schützt. Dann muss er sich wieder dem Spielgeschehen widmen. "Konzentration", schreit er. Es nützt nichts - kurz vor der Halbzeit fällt das 0:2. Die Haupttribüne empört sich über in der Wohnung vergossenen Rotwein.
Die Borbecker sind mittlerweile Experten beim Thema Gegentore. Nach zwölf Spieltagen haben sie null Punkte und 8:120 zu Buche stehen. Die höchsten Niederlagen (2:19, 0:22, 2:27) sind zumindest zum Teil auf Personalmangel zurückzuführen, einige Spiele bestritten die Borbecker mit gerade mal sieben Leuten. Mittlerweile steht immerhin eine echte Elf auf dem Platz - auch weil einige Spieler Arbeitskollegen aus Behindertenwerkstätten zum Training mitgebracht haben.
Einer von ihnen ist Dennis. Der 22-Jährige versteht die Frage erst beim zweiten Mal. Nein, obwohl er parallel in der Betriebsmannschaft einer Werkstatt kickt, möchte er die Kameraden von der DJK nicht missen. "Es ist lustig, mit den Leuten zu trainieren", sagt der Junge mit dem runden Gesicht. Bei der nächsten Frage muss er nicht nachhaken. Natürlich hat er schon ein Tor geschossen, einen der beiden Ehrentreffer beim 2:27. "Mich hat das wegen einer Wette eine Kiste Bier gekostet", sagt Trainer Bobkowski schmunzelnd.
Der Coach hat die Mannschaft nach dem dritten Spieltag übernommen, er spricht von einer "kontinuierlichen Aufbauarbeit". Damit meint er nur in zweiter Linie die Ergebnisse, die immer erträglicher werden. In der Schlussphase netzt Essen-West zum Endstand von 0:4 ein. Die Haupttribüne debattiert über Lippenstifte.
"Am Anfang gab es einige dumme Sprüche gegen die Behinderten, sowohl vereinsintern als auch von den Gegnern", sagt Bobkowski: "Jetzt werden ihre Leistungen respektiert." Und die können sich sehen lassen. Der 38-Jährige kennt einige Behinderte schon länger und berichtet, dass sie früher nur mit Mühe zügig geradeaus laufen konnten: "Jetzt können sie schon passabel mit dem Ball umgehen."
Doch damit gibt sich der Trainer nicht zufrieden, die zuletzt positive Tendenz lässt kühne Träume reifen. "Irgendwann wollen wir einen Punkt holen", sagt Bobkowski. Dann würde vielleicht sogar die Haupttribüne die Gespräche über Alltäglichkeiten einstellen.