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Madrid: Reals Präsident vom Thron gestoßen
"Habe Irrtümer begangen, aber nichts Irreguläres getan"

Madrid: Reals Präsident vom Thron gestoßen

Die schweren Betrugsvorwürfe haben Ramon Calderon wie erwartet vom Thron der "Königlichen" gestürzt. Der zuletzt stark unter Druck geratene Präsident des spanischen Fußball-Rekordmeisters Real Madrid erklärte am Freitagabend auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt und zog damit die Konsequenzen aus dem Manipulationsskandal, der den Meister seit Anfang der Woche erschüttert.

"Ich habe Irrtümer begangen, aber nichts Irreguläres getan. Ich gehe reinen Gewissens", erklärte der 57 Jahre alte Rechtsanwalt, der seit Juli 2006 die Geschicke Reals leitete.

Calderon war in den vergangenen Tagen unter Beschuss geraten, nachdem die Sportzeitung Marca handfeste Beweise für angebliche Manipulationen geliefert hatte. Demnach soll der Spanier zur Generalversammlung am 7. Dezember Personen unerlaubt Zutritt und Abstimmungsrechte verschafft haben, um wichtige Finanz-Entscheidungen durchzubringen. So wurde beispielsweise der Etat der Saison 2008/2009 mit 564 Ja-Stimmen bei 517 Gegenstimmen knapp angenommen.

Entschied sich für den Weg eines "Feiglings": Ramon Calderon. (Foto: firo)

Kommissarischer Nachfolger Calderons wird sein bisheriger Stellvertreter Vicente Boluda Fox, ein Reeder aus Valencia. Der 53-Jährige, 18. Real-Präsident der Geschichte, ist Besitzer von 340 Schiffen und verfügt über ein Privatvermögen von rund zwei Milliarden Euro. Als mögliche Termine für Neuwahlen sind der 24. Mai oder der 28. Juni im Gespräch. Bis dahin solle, so Boluda Fox, endlich wieder Ruhe einkehren.

Im Hinblick auf die gesellschaftliche Bedeutung des Präsidentschaftsamtes dürfte dies aber nur ein frommer Wunsch sein, vielmehr dürfte mit Calderons Rücktritt der Kampf um seine Nachfolge eröffnet sein. Zuletzt hatten zahlreiche Prominente wie Calderon-Vorgänger Florentino Perez oder Rallye-Fahrer Carlos Sainz ihr Interesse am Amt des Real-Präsidenten bekundet. Calderon hatte bis zuletzt versucht, seine Haut doch noch zu retten. Nach einem Krisentreffen am Donnerstag in seiner Villa mit engen Vertrauten des Vorstands und Sportdirektor Pedrag Mijatovic habe er vorgezogene Neuwahlen anstreben und bis mindestens dahin im Amt bleiben wollen, berichteten spanische Medien.

Einen freiwilligen Rücktritt hatte Calderon nach der Veröffentlichung des Skandals eigentlich ausgeschlossen. "Aufgeben ist etwas für Feiglinge", hatte der Rechtsanwalt noch am Mittwoch erklärt. Der Druck von Seiten der Medien sowie der Fans, die sich nahezu komplett gegen den Klub-Boss stellten, wurde aber offenbar zu groß. Die Zeitung veröffentlichte auch Fotos von zehn namentlich nicht genannten Personen, die nicht stimmberechtigt ihren Stimmzettel in die Höhe hielten und damit ein Votum abgaben. "Das sind die Scharlatane", schrieb Marca. Dabei soll es sich um fünf Nicht-Mitglieder sowie um fünf nicht zur Wahl zugelassene Klub-Mitglieder handeln. Bereits im vergangenen Jahr stand Calderons Amtszeit bei den "Königlichen" auf der Kippe, als seine Kritiker wegen angeblicher Ungereimtheiten bei der Präsidentschafts-Wahl im Juli 2006 vor Gericht gezogen waren. Die Klage wurde jedoch abgewiesen und Calderon im Amt bestätigt.

Die anfänglichen Vorbehalte gegen seine Person konnte Calderon durch die Verpflichtungen von Star-Trainer Fabio Capello und Top-Spieler wie Fabio Cannavaro und Ruud van Nistelrooy sowie durch den Meistertitel 2007 zunächst zerstreuen. Auch in der vergangenen Saison wurde Real unter dem Mitte Dezember entlassenen Trainer Bernd Schuster spanischer Champion, hat in dieser Spielzeit jedoch bereits zwölf Punkte Rückstand auf Tabellenführer und Erzrivale FC Barcelona.

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