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U20-WM: Interview
„Sehr glücklich, dass ich das erleben darf“

U20-WM-Frauen: Maren Meinert im Interview
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Trainerin Maren Meinert äußert sich vor dem Start der U20-WM über die Titelchancen des deutschen Nachwuchses und den Sprung zur Frauen-Nationalmannschaft.

Als Spielerin gehörte Meinert zu der glorreichen Frauen-Nationalmannschaft, die 2003 zum ersten Mal die Weltmeistertrophäe nach Deutschland holte. Zuvor wurde sie bereits drei Mal Europameisterin (1995/1997/2001) und gewann 2000 mit dem FCR Duisburg die Deutsche Meisterschaft. Äußerst positiv verlief auch das Abenteuer in der US-Profiliga bei den Boston Breakers. Vor dem Ende ihrer Spielerinnen-Karriere wurde Meinert zur „wertvollsten Spielerin“ der WUSA gewählt.

Und die Erfolge setzt die heute 36-Jährige nahtlos als Trainerin fort. Seit 2005 ist Meinert mit dem DFB-Nachwuchs betraut. Als besonderes Highlight steht nun die Heim-Weltmeisterschaft bevor.


Maren Meinert, ich nehme an, nicht nur für die Spielerinnen ist die Heim-WM etwas besonderes, sondern sicherlich auch für Sie als Trainerin...

Na klar! Eine WM in Deutschland erlebt man nicht noch einmal als Trainerin. Man muss natürlich auch Glück haben, dass dieses Ereignis in den Zeitraum fällt, in dem man gerade Trainerin ist. Das kommt vielleicht alle 30 Jahre vor. Ich bin sehr glücklich, dass ich das erleben darf.

Wird der Druck durch die Heim-WM noch einmal erhöht oder spornt das zusätzlich an?

Man muss – auch als Trainerin – aufhören, über diesen Druck zu jammern. Wenn man freiwillig die U20 von Deutschland übernimmt, muss einem auch bewusst sein, dass man dann auch unter Druck steht, weil man immer zum Favoritenkreis gehört. Aber insgesamt überwiegt die Freude und das positive Denken. Wir müssen uns gut vorbereiten und hoffen, dass wir eine gute WM spielen.

Im April wurde im Dresdener Residenzschloss die Endrunde der U20-WM ausgelost (Foto: OK/Kunz).

... und vielleicht sogar die Vorlage für die Frauen-WM ein Jahr später geben! Ist der Titel auch für den Nachwuchs Pflicht?

Wir wissen alle, dass von den deutschen Frauen immer der Titel erwartet wird. Das wird allerdings immer schwerer. Wir müssen hart dafür arbeiten, brauchen gute Bedingungen und eine entsprechende Vorbereitungszeit. Der Deutsche Fußball-Bund bietet uns dafür optimale Voraussetzungen. Das ist sicherlich weltweit nicht vergleichbar, wie wir in Deutschland im Frauenbereich unterstützt werden. Andererseits, wenn man nach Asien oder in die USA schaut, dann muss man auch festhalten, dass diese Nationen im Vergleich zu Deutschland und Europa insgesamt eine wesentlich längere Zeitspanne miteinander verbringen. Nicht nur deshalb muss klar sein: Wir haben kein Abo auf den Titel.

Wird es in absehbarer Zeit Probleme geben?

Ich glaube, dass andere Nationen aufholen. Auch in Europa merkt man das, wenngleich wir uns ebenso weiterentwickelt haben. Es wird passieren, dass wir mal nicht Weltmeister bei den Frauen werden. Das hat dann aber nichts damit zu tun, dass schlecht gearbeitet wurde, sondern dass die anderen aufholen. Bei den Herren fallen einem spontan einige Favoriten auf den WM-Sieg ein, bei den Frauen wird es bald ähnlich sein.

Was erwarten Sie von Ihrer Mannschaft bei der U20-WM?

Ich traue ihr ein gutes Fußballballturnier zu. Ich weiß, dass die Spielerinnen immer topmotiviert sind. Bei der letzten WM in Chile wurden wir Dritter und haben die meisten Tore geschossen. Ich hoffe natürlich, dass wir bis zum Ende zu den Titelkandidaten gehören.

Seite 2: Meinert über die Stärken und die Bedeutung von Nachwuchswettbewerben Wo sehen Sie die Stärken des deutschen Teams?

Wir haben einen sehr ausgeglichenen Kader. Das Problem vor der Vorbereitungszeit war, dass wir gute Einzelspielerinnen hatten, aber noch keine gute Mannschaft. Aber daran haben wir gearbeitet. Wir sind auf den einzelnen Positionen extrem gut besetzt und die Verantwortung verteilt sich auf mehrere Schultern. Wir haben zudem verschiedene Spielertypen, die auch das Spiel entscheiden können.

Der Großteil des Kaders spielt in der 1. Bundesliga. Ist es ein Nachteil, für einen Verein in der Zweiten Liga zu spielen?

Was ich vor allem als problematisch sehe ist, dass viele nicht Stammspielerinnen in ihren Vereinen sind. Es gibt wenige in diesem Kader, die jedes Spiel – vor allem auch als Leistungsträgerin – über 90 Minuten bestreiten. Davon wünsche ich mir ein paar mehr.

Turid Knaak wurde bei der U19-EM Torschützenkönigin (RS-Foto: Tillmann).

Bevor man in seinem Verein nur zehn Minuten zum Einsatz kommt, ist es ganz okay, lieber in der Zweiten Liga, wo man die Führungskraft ist oder zu den entscheidenden Akteurinnen gehört, zu spielen. Sie sollten allerdings wissen, dass sie sich individuell weiterentwickeln müssen, um das Tempo bei den Lehrgängen und internationalen Auftritten mitgehen zu können.

Einige der U20-Nationalspielerinnen haben soeben ihr Abitur gemacht. Geben Sie ihnen auch Tipps, wie es weitergehen soll?

Es gibt Spielerinnen, die machen direkt eine Ausbildung oder studieren. Und es gibt Spielerinnen, wie zum Beispiel Marina Hegering, die machen erst einmal ein bisschen Pause. Aber das ist völlig in Ordnung. Wenn ich Zweifel habe, dass es auf den richtigen Weg geht, frage ich schon mal nach. Aber die meisten Spielerinnen wissen schon sehr genau, was sie machen wollen.

Aber es ist generell eine schwierige Phase, oder?

Ich bin auf meine Crew angewiesen. Und ich bin stolz, dass wir das alles so gut geregelt haben. Ein Jahr vorher verteilen wir Pläne, in denen wir die Termine bekannt geben. Und mittlerweile gibt es auch die Möglichkeit, dass Klausuren während der Lehrgänge geschrieben werden. Die werden dann gemailt und wir haben eine Aufsichtsperson vor Ort. Damit haben wir bereits gute Erfahrungen gemacht. Wir machen das auch sehr sorgfältig, denn die Schule steht im Vordergrund. Ich möchte aber, dass die Spielerinnen selbst die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie neben dem Fußball auch das Abitur schaffen. Gerne bin ich aber auch bereit, in allen Lebenslagen zu helfen.

Für wie wichtig halten Sie die internationalen Nachwuchswettbewerbe?

Ich finde das ganz wichtig, weil es für die Spielerinnen eine enorme Erfahrung bedeutet.

Die Kapitänin Marina Hegering (RS-Foto: Tillmann).

Es wird nicht jede Nationalspielerin, aber sie können sich dennoch schon früh an Turniere gewöhnen. Im U20-Bereich existiert bereits weltweit ein hohes Niveau. Zu meiner Zeit gab es noch keine WM in diesem Altersbereich. Unserer Generation hätte das sicherlich auch geholfen. Ich denke, dass sich das Niveau in Deutschland in der Jugend allgemein verbessert hat.

Wie groß ist letztlich der Unterschied zwischen der U20- und der Frauen-Nationalmannschaft?

Es ist schon noch ein großer Sprung. In unserer Verantwortung liegt es, den Spielerinnen den Übergang möglichst leicht zu machen. Wir haben in den letzten Jahren viele in die Frauen-Nationalmannschaft bringen können. Ich glaube, dass wir da auf einem sehr guten Weg sind.

Was reizt Sie persönlich besonders an der Nachwuchsarbeit?

Die U20 passt einfach sehr gut zu mir, weil es Situationen gibt, in denen ich mich gut in die Spielerinnen hineinversetzen kann. Ich kann das Alter gut einschätzen. Es ist eine Phase, in der man noch nicht so genau weiß, wo es hingeht. Und ich glaube, dass ich das gut nachvollziehen kann. Des Weiteren wissen mein Team und ich, was oben bei den Frauen gefragt ist, worauf wir die Spielerin vorbereiten.

Und dann ist man auch stolz, wenn es einige in die A-Nationalmannschaft schaffen...

Die U20 ist ja nur eine Etappe. Die Spielerinnen kommen von der U17 zu mir. Es folgt nach der U19 und U20 noch die U23. Wenn es jemand nach oben schafft, ist es der Arbeit der ganzen DFB-Trainer geschuldet. Aber natürlich freue ich mich, wenn ich ein Frauen-Spiel sehe und meine ehemaligen Spielerinnen sind auch noch erfolgreich bei einem Event. Ich erwische mich dann auch dabei, wie ich besonders auf die Spielerinnen achte, die auch mal bei mir waren. Das ist natürlich ein schönes Gefühl.

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