Alemannia Aachen hat in dieser noch jungen Saison - die Kaiserstädter haben erst elf Begegnungen absolviert - schon so viel erlebt, wie man eigentlich in einer ganzen Serie erlebt. Eine kleine Ereignisliste: Corona-Probleme, inklusive neun verlegter Partien, ein kleiner Kader mit viel Verletzungspech und zuletzt e[article=505295]ine Spielerrevolte gegen Trainer Stefan Vollmerhausen[/article].
Da sind die bisherigen 18 Punkte der Schwarz-Gelben gar nicht hoch genug zu bewerten. Nun kommt Tabellenführer RWE - 35 Zähler - auf den Tivoli (Sonntag, 14 Uhr). RevierSport hat vor diesem traditionsreichen Vergleich mit Aachens Sportchef Thomas Hengen (46) gesprochen.
Thomas Hengen, seit drei Spielen ist die Alemannia ohne Sieg. Ist das auf die Spielerrevolte zurückzuführen? Nein, denn die Leistungen waren auch in den letzten drei Spielen nicht schlechter, als in den acht vorausgegangen Partien. Man sieht einfach an den letzten Ergebnissen, dass die Liga unheimlich eng und dicht beieinander ist. Oft entschiedet nur ein Tor. Wir haben gegen eine gute Mannschaft von Fortuna Köln verloren, dann hätten wir gegen Köln II eigentlich aufgrund des Torchancenverhältnisses gewinnen müssen und in Lotte waren wir in Unterzahl die bessere Mannschaft, aber verlieren das Spiel durch einen Treffer der Kategorie "Tor des Monats".
Nach den letzten Ergebnissen wird in Aachen wohl niemand mehr von einem Spitzenplatz träumen, oder? Wir haben sowieso nie geträumt. Die Fans dürfen das gerne tun. Aber wir Verantwortliche sind realistisch und wissen, mit welchen Problemen wir zu kämpfen haben. Da kommt ja einiges in den letzten Monaten zusammen. Die Corona-Probleme, eine Etat-Reduzierung, ein kleiner, spät zusammengestellter Kader, den wir noch in den letzten Wochen nachbessern und vergrößern mussten, eine Corona-Quarantäne, inklusive mittlerweile neun abgesagter beziehungsweise verlegter Partien. Und: ein unglaubliches Verletzungspech. Gegen Essen fehlen uns wieder acht oder neun Mann. Das alles sollen keine Ausreden sein, sind aber Fakten. Wir haben, glaube ich, nur ein einziges Mal in dieser Saison ein Trainingsspiel elf gegen elf Mann absolvieren können. Wir befinden uns in dieser Corona-Saison in einer großen 21er Liga, in der wir ständig in einem Turniermodus sind. Da gilt es für jedes Spiel, für jeden Wettkampf einen guten Kader zusammenzustellen. Trotz aller Widrigkeiten ist uns dies bislang mehr als ordentlich gelungen.
Jetzt kommt der Ligaprimus. Was halten Sie von dem kommenden Gegner? Das ist der FC Bayern München der Regionalliga. Rot-Weiss Essen hat einen hervorragend ausbalancierten Kader beisammen. Da wurde in den letzten Monaten eine unfassbar gute Arbeit von den Verantwortlichen geleistet. Der Trainer, der Sportchef, der Geschäftsführer oder Vorstand können stolz auf das sein, was sie in Essen aufgebaut haben. Da geht jedes Rädchen ins andere über. Man sieht ja allein an der Personalie Hamdi Dahmani, der bei uns ein Leistungsträger ist und in Essen keine Rolle mehr spielte, welch einen Kader RWE besitzt. Wenn nichts wiedererhaltendes passieren sollte, dann wird Rot-Weiss Essen auch aufsteigen. Davon bin ich überzeugt.
Wie will die Alemannia den "FC Bayern der Regionalliga" denn besiegen? Es macht einfach Spaß gegen Bayern München zu spielen (lacht). Im Ernst: Es wird hart und schwer, RWE zu besiegen. Aber wir haben allemal die Chance dazu. Wir spielen in unserem Wohnzimmer, dem Tivoli und hier sind wir auch sehr gut drauf. Hier muss man uns auch erst einmal schlagen. Wenn wir mit diesem Willen, dieser Leidenschaft wie in vielen Heimspielen in der Saison zu Werke gehen, dann wird es auch Essen schwer haben. Wir wollen auf jeden Fall die drei Punkte in Aachen behalten.
Kann RWE vielleicht auch ein kleines Vorbild für die Alemannia sein? Immerhin lief in Essen vor drei, vier Jahren auch einiges schief... Die Vereine sind sicherlich irgendwo aufgrund ihrer Tradition, Fankultur und Emotionalität der Leute miteinander vergleichbar. Aber am Ende des Tages ist jeder Klub unterschiedlich. Ob das jetzt die Stadt, die Menschen, die Sponsoren oder andere Dinge sind. Aber klar: Essen kann so weit schon Vorbild sein, wenn man einfach schaut, dass auch sie mit Ruhe und Geduld erfolgreich geworden sind. Das ist immer alles ein Prozess und da muss man auch mal der sportlichen Führung, dem Trainer länger vertrauen, um etwas aufzubauen.
Wir haben das Interview mit der Revolte begonnen und wollen es auch damit abschließen: Inwieweit hat diese Aktion Spuren, gar nicht in der Mannschaft oder im Trainerteam, sondern viel mehr im Verein hinterlassen? Wenn man bei einem Traditionsklub wie Alemannia Aachen arbeitet, dann ist es doch klar, dass sich viele Menschen um diesen Verein interessieren. Es gibt dann auch unterschiedliche Meinungen, das ist auch klar. Am Ende des Tages ist es wichtig, dass man sich in die Augen schauen kann und weiter alles dem Erfolg dieses Vereins unterordnet. Hier geht es nicht um persönliche Eitelkeiten, sondern nur um Alemannia Aachen.