Seit Jens Lehmann im WM-Viertelfinale 2006 kennt jeder diesen Trick. Der berühmte Elfmeterzettel, auf dem alle möglichen Informationen über die Schützen draufstehen. Es ist ein Versuch, noch einmal etwas Druck auf den Schützen auszuüben.
Zu zeigen, dass der Torwart ganz genau weiß, was der Schütze gleich machen wird. Bei Vincent Louis Stenzel hat es den Bonnern am Mittwochabend aber nichts genutzt. Er verwandelte den Strafstoß kurz vor der Halbzeit souverän. Bonn Schlussmann Justin Dautzenberg, der das Papier zuvor sekundenlang genau studierte, war gar in die falsche Ecke gesprungen.
Für Stenzel war der Treffer eine Art Ende der Leidenszeit. In seinem fünften Einsatz in der laufenden Saison konnte der gebürtige Lüner gleich doppelt treffen, zumal es der erste schmerzfreie gewesen ist. Im ersten Spiel gegen die U23 von Schalke 04 hatte der Offensivspieler einen Schlag aufs Becken bekommen. „Ich habe dann drei Spiele auf die Zähne gebissen, obwohl ich einen Muskelfaserriss hatte, wie sich später herausgestellt hat. Das war dann auch nicht förderlich für meine eigene Leistung“, erinnert er sich zurück.
Nach der Diagnose hatte er endlich eine Pause eingelegt. „Seit einer Woche bin ich wieder schmerzfrei. Es ist schön, dass es dann so geklappt hat.“
Eine Woche nach seiner Rückkehr ins Training hatte Trainer Mike Terranova ihn auch wieder in die Startelf gebracht. Schon für Wiedenbrück wäre er eine Option gewesen, da sei er jedoch mit der Trainingsleistung nicht zufrieden gewesen: „Er ist mutig im Eins-gegen-eins, das kann er wie kein anderer bei uns. Ich will aber auch das Gegenpressing, das hat er diese Woche gezeigt. Er hat ein richtig gutes Spiel gemacht, er kann aber auch noch mehr.“
Das würde er dann am liebsten schon im Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund II in der kommenden Woche zeigen. Für Stenzel gleichzeitig eine Rückkehr an alte Wirkungsstätte. Gegen den Tabellenführer geht es dann auch aus einer etwas entspannteren Lage.
Ob die Borussia dann auch solche Psychotricks anwendet wie die Bonner mit dem Zettel vor dem Elfmeter wird sich zeigen. Stenzel hatte sich diesen nach dem Spiel nämlich noch einmal genauer angeschaut, um zu erfahren, was die Bonner ihrem Schlussmann mitgeteilt haben. Das Ergebnis: Er war leer. Stenzels sarkastischer Kommentar: "Sie wussten ganz genau, wo ich hinschieße. Da haben sie ihrem Torwart aufgezeigt, wo es hingeht. Es hätte fast geklappt."