Schließlich eröffnete Deutschlands Nummer eins am Dienstagnachmittag ein Kino in Soest – aus Sicht des gemeinen Ruhrgebietsbewohners schon tiefste Provinz. Dass der große Star zu diesem Ereignis in die kleine Stadt kam, hatte die „heimliche Hauptstadt Westfalens“ der persönlichen Bekanntschaft zwischen Christian Herberhold aus Recklinghausen, Besitzer des „neuen Universums“, und Neuer zu verdanken. Zwischen Kanada-Urlaub und Trainingsauftakt in München lässt sich doch noch ein kleiner Abstecher einrichten, dachte sich der Weltklasse-Keeper wohl und begrüßte rund 500 Fans mit einem knappen, aber charmanten „Hallo Soest“. „Söhst“, der Kardinalsfehler in Sachen Aussprache, unterlief dem gebürtigen Gelsenkirchener gottlob nicht - kein Wunder, wohnt Neuers Vater doch im nahen Beckum.
Die Schalke-Trikots waren gegenüber den Leibchen von Neuers neuem Arbeitgeber Bayern München übrigens noch in der Überzahl, wenn Soest auch eher als Hochburg der Schwarz-Gelben denn der Königsblauen gilt. Pius Tillmann (5) gehörte zu denen, die so clever waren und ein Deutschland-Trikot mitgebracht hatten, das der Nationalspieler signieren sollte. Während Pius „komisch“ fand, dass Neuer sich nicht im Torwart-Dress, sondern natürlich in zivil die Ehre gab, schrieb der fleißig Autogramme. Oder schüttelte Hände. Wer satte 30 Euro für eine Kino-Karte für den Film „Der ganz große Traum“ hinlegt, der darf auch eine gewisse Gegenleistung erwarten. Und Neuer, der auf diesem Weg Geld für seine „Manuel Neuer Kids Foundation“, die bedürftige Kinder im Ruhrgebiet unterstützt, sammelte, gab den Star zum Anfassen.
Trotz nur zwei Stunden Schlaf und eines gehörigen Jetlags zeigte er keinerlei Allüren, ließ sich im Viertelstunden-Takt von der kleinen Bühne vor dem Kino wieder ins Lichtspielhaus hinein komplimentieren oder trat den umgekehrten Weg zum Bad in der Menge an. Wäre der Stargast nicht so gut aufgelegt gewesen, wäre die ganze Veranstaltung am heißesten Tag des Jahres eine ziemlich dröge Angelegenheit geworden. Das Thema Fußball war nämlich mehr oder weniger tabu, Neuers Aussagen zu seinem Verhalten als Kino-Konsument interessierten auch die Meute nur marginal.
Moderatorin Hedi Jansen machte lieber in political correctness, lobte die deutschen WM-Teilnehmerinnen und wollte von der Vereinsbrille nichts wissen: „Egal, welchem Verein ihr die Daumen drückt, Deutschland-Fans sind wir doch alle!“ „Oder Fußball-Fans“, schmunzelte Neuer, der zur Hochform auflief, als die signierten Trikots und Torwarthandschuhe verlost wurden. „Ob es da mit rechten Dingen zuging?“, fragte er scherzhaft, als Killian und Eileen Schoemakers Karte aus der Lostrommel gefischt wurden. Und „Terrence Hill“ alias Terrence Hillebrand wurde wie jeder Gewinner erstmal nach seinem Geburtsdatum gefragt – um die Identität des Glückspilzes auch zweifelsfrei festzustellen.
Anders als beim Empfang nach dem Pokalsieg in Gelsenkirchen, als Neuer eine Backpfeife eines Passanten kassierte, waren ihm die Soester allesamt wohlgesonnen. Bürgermeister Eckhard Ruthemeyer outete sich gar als Hardcore-Fan, der von einem A-Junioren-Spiel der Schalker U19 gegen Rot-Weiss Ahlen berichtete: „Da ist mir Manuel Neuer zum ersten Mal aufgefallen.“ Da war sogar der schlagfertige Schlussmann baff.
Beeindruckt war der 25-Jährige auch am Schluss: Bei der Übergabe des symbolischen Schecks zugunsten der Kids Foundation. Die Karten-Erlöse hatte der Kino-Betreiber zu einer runden Summe von 10.000 Euro aufgestockt und so konnten schließlich alle zwar schweißgebadet aber zufrieden nach Hause gehen: Manuel Neuer in 3D – das ist ganz großes Kino.