Stefan Kießling

„Natürlich hätte ich gerne einen Titel“

Sie haben in Ihrer Karriere meist konstant ihre Tore erzielt und bisher doch nie einen Titel gewonnen. Würden Sie sich unvollendet fühlen, wenn es bis zum Schluss so bleibt? Natürlich hätte ich gerne einen Titel. Wer hätte das nicht? Nur was soll ich machen? Ich würde nicht in Depressionen verfallen, sollte ich meine Karriere ohne Titel beenden muss. Ich glaube, dass ich am Ende sagen kann, dass ich eine erfolgreiche Zeit hinter mir habe. Ich habe viele Spiele gemacht, viele Tore geschossen, war bei einer Weltmeisterschaft dabei und bin auch mal Torschützenkönig geworden. Das zähle ich als kleinen Titel, wobei dazu natürlich eine Mannschaft gehört. Es gibt viele Dinge, auf die ich zurückschauen und stolz sein kann.

Das Thema Nationalmannschaft haben Sie vor einigen Jahren abgehakt. Wenn heute die A-Elf spielt, mit welchen Gefühlen schauen Sie diese Spiele? Schauen Sie sie überhaupt? Ich habe dazu keine Gefühle. Wenn ich Zeit habe, schaue ich mir auch ein Spiel an. Die Partie gegen England habe ich zum Beispiel nicht gesehen. Klar, wenn die EM losgeht, gucke ich mir die Spiele an, aber alles andere ist für mich Vergangenheit.

Sie haben schon viele Sturmpartner neben sich gehabt. Wer war der Beste? Das ist schwer zu sagen, denn es waren sehr viele unterschiedliche Typen. In meiner Anfangszeit war es Sergej Barbarez, teilweise auch Andrej Voronin. Zum Teil haben wir alle drei gespielt, ich außen. Das war schon eine interessante Konstellation (lacht). Später kam Theofanis Gekas, mit ihm habe ich mich gut verstanden, aber er kam mit unserer Spielweise nicht zurecht. Mit Patrick Helmes und Eren Derdiyok waren es sehr gute Jahre, wir haben uns gut unterstützt.

Aktuell haben Sie jemanden neben sich, der viel Aufsehen erregt. Wo ordnet sich Chicharito ein? Er hat nicht umsonst für Real Madrid und Manchester United gespielt. Auch wenn er es sich da vielleicht anders vorgestellt hat, er hat schon sehr viel erlebt. Ich denke man sieht, dass wir uns auf dem Platz suchen. Es hat Spiele gegeben, da hat es gut funktioniert, in anderen Spielen nicht. Wenn sich das noch ein bisschen entwickelt, sind wir ein gutes Duo.

Verwundert Sie der Trubel um die Person Chicharito manchmal? Ich bin ja schon ein paar Jahre dabei, daher verwundert mich das nicht. Wir hatten einen ähnlichen Trubel schon mit Heung-Min Song, der die Südkoreaner begeistert hat. Aber so ist der Sport. Bei mir ist es ähnlich, wenn ich Basketball in Amerika schaue, dann bin ich auch verrückt danach und freue mich, die Spieler zu sehen. Für die Mexikaner ist es eben so, wenn sie Chicharito sehen. Er ist dort eine Art Volksheld.

Haben Sie sich schon Gedanken für die Zeit nach der Karriere gemacht? Noch nicht wirklich. Ich will ja noch ein bisschen Fußball spielen. Danach werde ich mit Sicherheit eine längere Zeit in den Urlaub fahren und das ganze sacken lassen. Dann ist geplant, dass ich hier im Verein etwas mache. In welche Richtung es gehen wird, wird man dann sehen. Da wird es Gespräche geben. Wenn es soweit ist, wird sich irgendeine Tür öffnen.

Wären Sie ein Typ für den Trainerjob? Schwer zu sagen. Ich glaube, ich könnte einen ganz guten Trainer abgeben. Ob ich erfolgreich wäre, sei dahingestellt (lacht). Ich kann mir aber nicht vorstellen, irgendwann Trainer in Leverkusen zu werden, weil ich gerne hier bleiben möchte. Als Trainer wäre das so eine Sache...

...weil man diese Position leicht verlieren kann. So ist es. Zu sagen, man wird Trainer hier, das klappt drei Jahre und wenn es nicht mehr klappt, übernehme ich eben eine andere Aufgabe im Verein, das würde auch nicht so richtig funktionieren.

Strebt ihr Sohn auch eine Fußballerkarriere an? Er ist natürlich verrückt nach Fußball. Er kennt alle Spieler, ist immer dabei. Er spielt unheimlich gern selbst und möchte das schon gerne versuchen.

Würden Sie es ihm raten? Ich würde es ihm auf jeden Fall nicht verbieten. Wenn er diesen Weg gehen möchte und es schafft, dann soll er es auch machen. Dafür muss er dann auch selber seine Erfahrungen machen. Natürlich dürfte er auch die Schule nicht vernachlässigen.

Sie haben in dieser Saison noch sieben Spiele vor sich. Von Champions League bis zum Verpassen der internationalen Wettbewerbe ist alles drin. Ab welcher Platzierung wären Sie zufrieden mit der Saison? Wir können die Saison natürlich noch retten. Ein dritter Rang wäre eine Top-Platzierung. Wenn wir am Ende Vierter werden, hat auch keiner etwas dagegen. Nichtsdestotrotz musst du erst mal gucken, dass du da hinkommst. Das ist eine harte Nuss. Eine Europa League-Platzierung wäre nach unserem schwierigen Saisonverlauf mit den vielen Verletzten sicher auch ein Erfolg.

Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer eigenen Leistung in dieser Saison? Es gab schon bessere Jahre als dieses. Ich denke aber, dass jeder, der mich auf dem Platz sieht, weiß, dass ich immer alles gebe. Ich glaube, in der Hinsicht kann mir niemand etwas vorwerfen. Dass man auch mal Phasen hat, in denen es nicht so mit Scorerpunkten klappt, ist eben so. Ich kann trotzdem nachts ruhig schlafen.