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Schalke: Fanblog
Wie sich ein Verein verliert

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Schalke-Fanblog: Wie sich ein Verein verliert
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Andreas Linke (web04.de) und RevierSport-Blogger Hassan Talib Haji haben sich gemeinam (düstere) Gedanken über die Zukunft des FC Schalke gemacht.

Es rumort gewaltig auf Schalke. Und das an allen Fronten. Während die Mannschaft sich derzeit den Vorwurf der Arbeitsverweigerung gefallen lassen muss und der Langzeit-Interimstrainer von Beginn an größter Kritik ausgesetzt ist, müssen Manager Horst Heldt und Aufsichtsrat-Chef Clemens Tönnies gute Miene zum bösen Spiel machen, und sich unangenehme Fragen bezüglich ihrer Personalentscheidungen und einem nicht mit Sicherheit vorhandenen Konzept gefallen lassen. Derweil zerfleischen sich die Anhänger und Mitglieder des Vereins gegenseitig. Die einen fordern schärfere Kritik, andere sogar Boykott, wieder andere unbedingten Support. Und jeder von ihnen ist sich sicher, dass alle, die anders handeln, eine Mitschuld an der derzeitigen Misere haben.

Grundsätzliche Unzufriedenheit

Es ist nicht unbedingt das glücklichste Händchen, welches Horst Heldt und seine Mitstreiter momentan im Umgang mit dem so gern als „Kumpel- und Malocherclub“ bezeichneten Verein beweisen. Zwar mag eine der Eigenheiten der königsblauen Fanseele eine ungemeine Treue und Liebe zum Verein sein, die - gerade in sportlich erfolgreichen Zeiten - bereit ist über viel Übel hinweg zu sehen und den Glauben an den eigenen Verein niemals infrage zu stellen. Doch erlebt man derzeit eine Unzufriedenheit unter den Zuschauern, wie sie derart geschlossen nicht mal der von so vielen als unrühmlich angesehenen Magath-Ära zu Teil wurde.

Horst Heldt ist sichtlich um Schadensbegrenzung bemüht. Gebetsmühlenartig werden Woche für Woche die gleichen Floskeln in die Mikrofone gequält. Vollmundige Formulierungen über „Willen“ und „Leidenschaft“ sollen die Köpfe der Akteure aus der Schlinge ziehen und Kritik von den Rängen verstummen lassen und Hoffnung schaffen. Allein das Ausbleiben des Erfolgs macht dem Manager einen Strich durch die Rechnung und lässt das Vertrauen der Fans zu dem 43-Jährigen schwinden und die Außendarstellung des Vereins einfach nur noch erbärmlich erscheinen. Auch die Spieler selbst scheinen angehalten, sich die Situation in der Öffentlichkeit schön zu malen.

Innenleben angeschlagen

Noch nie war die Angst der Schalke-Fans so spürbar, dass ihnen der eigene Verein zu entgleiten droht. Immer höhere Ticketpreise, Unstimmigkeiten in den Fan-Strukturen durch eine Eingliederung des Dachverbandes in den Verein, zweifelhafte Deals mit Ticket-Portalen, die dem grauen Markt zuzuordnen sind, sportlicher Misserfolg und personelle Entscheidungen, die manchem Fan den Geruch von schwäbischer Vetternwirtschaft in die Nase treiben könnten, sind nur einige Beispiele, die bei dem einen oder anderen Vereinsanhänger Unmut oder teilweise sogar Entsetzen hervorrufen könnten.

Nun sind derlei Unstimmigkeiten im Umfeld des Gelsenkirchener Bundesligisten aber keine Neuheit, sondern seit jeher an der Tagesordnung. Der große Unterschied könnte allerdings derzeit darin liegen, dass es keinen starken Mann gibt. Keinen, der von den Fans als „einer von uns“ begriffen werden könnte. Keinen, der dem Fan in der Kurve Entscheidungen verkauft. Dem man glauben schenken will und auf Anhieb abnimmt, dass es ihm nicht nur um die bloße Führung eines Wirtschaftsunternehmens, sondern vor allem auch um den Erhalt Schalker Traditionen und Werte geht.

Natürlich fällt einem da zuerst der Name Rudi Assauer ein, oder auch ein Charly Neumann, der so viele Jahre lang die Schnittstelle zwischen Vereinsführung und Fans bildete. Beide Originale blieben in ihrer Form unersetzt. Schlimmer noch: Einst verdiente Spieler der jüngeren Generation wie Olaf Thon und Mike Büskens, denen die Schalker Eigenheiten bestens bekannt sind, jagte man vom Hof um einer neuen Ära Platz zu machen. Einer Ära, die mit dem eigentlichen Schalke nicht mehr viel zu tun haben soll.


Kritische Stimmen, wie zum Beispiel die des ehemaligen Spielers Yves Eigenrauch, die einen unheilvollen Wandel vom Kumpelverein zum unpersönlichen Wirtschaftsunternehmen offenbar vorhergesehen oder befürchtet haben, werden derweil von Vereinsseite nicht nur überhört, sondern sogar als Unsinn abgestempelt.

Ein Mann, dem so mancher diese schwindende Schalker Seele noch andichtet, ist der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Clemens Tönnies. Ein lockeres, direktes Mundwerk, ein geradezu vorbildlicher Einsatz und eine stete Selbstlosigkeit, wenn es um die Interessen des Vereins geht. Nicht nur mit seinem Auftauchen im Gästeblock im Stadion des Erzrivalen scheint er den Fans mitteilen zu wollen: „Ich bin einer von euch. Schalke liegt mir am Herzen.“

Keine Frage: Sein Engagement für den Verein ist und bleibt unbestritten. Nur muss man sich, als jemand, der diese ganze Entwicklung nicht nur mitgemacht, sondern auch größtenteils zu verantworten hat, vielleicht auch mal selbst hinterfragen und glaubhaft vor der „Kundschaft“ erklären. Denn diese, und das steht fest, ist kurz davor, eine ihrer besten Eigenschaften mit aus dem Stadion zu tragen.

Fehlender Erfolg

Was den Verantwortlichen jedoch jede Argumentationsgrundlage zu nehmen droht, ist der mangelnde sportliche Erfolg und das Zustandekommen der mittlerweile beängstigenden Abwärtsspirale in der aktuellen Bundesligasaison. Der FC Schalke 04 hat einen Absturz hingelegt, der der Anhängerschaft schwer im sonst abgehärteten Magen liegt.

Die Grundtugenden einer Schalker Mannschaft sind verloren gegangen. Man präsentiert sich beschämend, nahezu ohne Willen, Energie und die Leidenschaft, die man sich als Fan dieses Traditionsvereins wünscht. Immer mehr geraten interne Dinge ans Tageslicht und werden öffentlich diskutiert, wie zum Beispiel eine Gehaltsliste aus dem Jahr 2011 oder Interna aus dem Massageraum der Physiotherapeuten. Letzteres soll direkt von eigenen Spielern an die Öffentlichkeit getragen worden sein. Das Team, welches neben dem Klub an sich als Identifikationsfaktor, nicht nur für eine ganze Region, sondern auch für viele Anhänger außerhalb des charismatischen Ruhrgebiets stehen soll, soll sich nun an der Ehre gepackt fühlen, wie Sportvorstand Horst Heldt wissen ließ.

Kein Zusammenhalt

Dieser Istzustand gleicht einem Armutszeugnis. Das Kollektiv mutiert zum Einzelgängertum. Jeder sei mit sich selbst beschäftigt, wie Routinier Christoph Metzelder nach der erschütternd schwachen Leistung in München von sich gab. Auch Neu-Trainer Jens Keller findet öffentlich kaum Zuspruch, im Gegenteil, von Beginn an stand dieser in gnadenloser Kritik.

Es hat sich nach der Entlassung von Huub Stevens auf Schalke nichts verbessert. Anders noch, es ging weiter bergab. Als der „Jahrhunderttrainer“ nach der Heimschlappe gegen den SC Freiburg (1:3) seine Koffer packen musste, stand das Team auf Platz sieben. Nun ist man Zehnter und der Abstand zum Saisonziel „Champions League“ gewachsen. Von der sportlichen Seite betrachtet haftet der Hauch einer Fehlentscheidung an diesem trostlosen Gebaren. Doch trägt Huub Stevens wirklich alleine die Schuld an dieser Misere? Nein!

Die Mannschaft tat ihr Übriges und weinte sich beim Manager aus; so könnte man denken, wenn man diese Entlassung und die getätigten Aussagen in Funk und Fernsehen verfolgt. Stevens‘ Methoden seien veraltet, man sei zu leicht auszurechnen. Viel mehr könnte es sein, dass der Trainer von der Mannschaft verlassen wurde. Nun ist Jens Keller da und noch hat sich nichts zum Positiven gewandelt. Schlimmer noch, man spielt so gut wie seelenlos Fußball. Kampf, Mut, Leidenschaft – nicht zu spüren und nicht zu sehen. Ein Trauerspiel, welches seines Gleichen sucht.

Das Ruder rumreißen

Was muss sich ändern, damit Schalke 04 sich wieder fängt? Vor allem muss das Team wieder zu einer Einheit werden. Da ist nicht nur Kapitän Benedikt Höwedes gefordert, sondern jeder einzelne Akteur. Wenn es Probleme untereinander zu geben scheint, dann sollte man diese im Sinne des Vereins lösen. Kein Spieler ist wichtiger als der Klub als Ganzes. Und wenn sich ein Einzelner mit diesem Gedanken nicht anfreunden kann oder will, dann müssen Konsequenzen gezogen werden, davor darf man nicht die Augen verschließen. Das Tal der Tränen ist aus sportlicher Sicht bereits erreicht. So destruktiv und peinlich kann man kaum mehr auftreten. Schaut man auf die Tabelle, dann ist dort allerdings noch Luft nach unten vorhanden.

Jens Keller geht öffentlich noch auf Schmusekurs mit seiner Mannschaft und lobt deren Engagement im Training. Horst Heldt nimmt die Truppe dagegen in die Pflicht. Der Verein krankt, wenn das Team sich auseinanderdividiert und keine verschworene Einheit bildet. Wo soll dieser Weg hinführen? Momentan führt er in den dunklen Abgrund des Nichts. Es ist traurig dies alles erleben zu müssen und zuzusehen, wie eine ganze Fan-Gemeinde enttäuscht und entsetzt im Stich gelassen wird, weil sich die Hauptprotagonisten offensichtlich zu wichtig nehmen.

Verschwinden die Eitelkeiten, der Egoismus und zählt nur noch der Teamgedanke, dann hilft und reinigt sich diese Mannschaft selbst. Es wird Zeit …

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