Es gab Phasen in der Karriere von Sebastian Kehl, in denen er schon an das Ende der Karriere dachte. Doch inzwischen hat der Kapitän des deutschen Meisters Borussia Dortmund wieder allen Grund, sich mit seiner sportlichen Zukunft über das Vertragsende 2012 hinaus zu beschäftigen. Die Schinderei in den Reha-Zentren ist passé, der 31-Jährige hat sich in die erste Elf des deutschen Meisters zurückgekämpft.
"Ich schaue nach vorne und bin nun froh, dass ich wieder gesund bin. Was hinter mir liegt, ist Vergangenheit", sagte Kehl, der sich inzwischen gut vorstellen kann, seine Karriere beim BVB fortzusetzen und eventuell auch zu beenden. "Doch die Gespräche darüber werden irgendwann stattfinden. Das hat Zeit."
Längst ist Dortmund für den im hessischen Fulda geborenen defensiven Mittelfeldspieler die zweite Heimat geworden. In der Stadt und auch im Umfeld des Vereins fühlt er sich mit der Familie wohl. In der Winterpause der Saison 2001/02 kam er nach längerem Tauziehen mit Bayern München vom SC Freiburg zum BVB, für den er bislang 192 Bundesliga-Spiele bestritt. Die meisten jedoch vor der Verletzungsmisere.
Die begann am 11. August 2006, dem Saisonauftakt der Spielzeit 2006/07 bei Bayern München, mit einem brutalen Foul von Hasan Salihamidzic. Die Fleischwunde am Knie wollte nicht verheilen. Sein Comeback bestritt Kehl erst im Februar 2007, weitere Verletzungen folgten. Lediglich 66 Bundesliga-Spiele konnte der Vizeweltmeister von 2002 in den vergangenen fünf Jahren bestreiten. Dafür ist die gefühlte Liste der Blessuren umso länger.
Zu alter Leistungsstärke zurückgefunden
Teilabriss der Bänder im Sprunggelenk, Leisten-OP, Muskelfaserrisse, Sehnenriss im Hüftbeugemuskel oder im Mai dieses Jahres eine Knie-OP - so lauten Auszüge aus dem Krankenbericht. Doch Kehl hat nie aufgegeben, sich durchgebissen und sich den Respekt von Mitspielern und Trainer Jürgen Klopp verdient. Inzwischen hat der 31-malige Nationalspieler wieder zur alten Leistungsstärke zurückgefunden, glänzt vor der Abwehr als Abfangjäger und Antreiber gleichermaßen.
[box_sonderheft_bvb]Im Sommer feierte der 1,88 m lange Defensivstratege seine zweite Meisterschaft mit dem BVB. Dazwischen lagen Zeiten, in denen Kehl 2005 die Fast-Insolvenz seines Arbeitgebers erlebte. "Für meine Persönlichkeitsentwicklung war es wichtig, weil ich viele Erfahrungen sammeln konnte", sagt Kehl heute. Es sei anschließend fantastisch gewesen zu sehen, wie aus der Notsituation ein Zusammenhalt gewachsen sei.
Inzwischen genießt der Familienvater (zwei Kinder) die neue Euphorie in und um den Traditionsklub sowie die neue Ära mit den zahlreichen jungen Spielern. Dass ein gesunder Kehl dem BVB helfen kann, zeigt die Statistik. Siebenmal hat er in seiner zehnjährigen Dortmunder Ära das wichtige 1:0 erzielt, 63 Prozent seiner Kopfball-Duelle gewonnen und 83,1 Prozent seiner Pässe an den Mitspieler gebracht. Als Beweis seines gelungenen Comebacks hätte es seines Treffers beim 5:0 im letzten Liga-Heimspiele gegen den 1. FC Köln nicht bedurft.