Im Wintertrainingslager des BVB im spanischen Jerez de la Frontera schimpfte der Manager des BVB aufgebracht darüber, dass die Borussia Shinji Kagawa mitten in der Vorbereitung auf die Rückrunde zum Asien-Cup hatte abstellen müssen, der 2011 erstmals im Januar ausgetragen wurde, und schloss seine Ausführungen damals mit einem fast prophetisch anmutenden Satz. „Im schlimmsten Fall“, sagte er nämlich, „bekommen wir unseren Spieler auch noch verletzt zurück.“
Genau so sollte es tatsächlich kommen. Beim Halbfinalspiel der Japaner gegen Südkorea zog sich Shinji Kagawa einen Mittelfußbruch zu – ein echter Schock für Trainer Jürgen Klopp, die Verantwortlichen und die Dortmunder Fans, die den Wirbelwind aus Fernost im Rekordtempo in ihr Herz geschlossen hatten. Lediglich der Spieler selber, der in Anlehnung an seine großen Vorbilder David Beckham und Michael Jordan das Trikot mit der Nummer 23 trägt, trug sein Schicksal mit Fassung und kommentierte: „Vielleicht ist dies eine der Hürden, die man als großer Sportler überwinden muss, um daran zu wachsen.“
Dass Kagawa das Zeug dazu hat, zu einem ganz Großen zu werden, das hatte er im Laufe der Hinrunde zu Genüge unter Beweis gestellt. Acht Tore und eine Vorlage in 17 Spielen – eine so beeindruckende Quote hatte wohl kaum einer dem „Nobody“ zugetraut, der im vergangenen Sommer für lediglich 350.000 Euro vom japanischen Erstliga-Aufsteiger Cerezo Osaka zu den Westfalen gekommen war.
Entdeckt worden war der Offensivspieler von Thomas Kroth, einst selbst Profi bei der Borussia, heute unter anderem Berater von Kagawa, nachdem Michael Zorc und seine Scouts ihn erstmals unter die Lupe genommen hatten, stand ihr Urteil schnell fest: „Kaufen. Und zwar so schnell wie möglich.“ Gesagt, getan, umgehend transferierte der BVB Kagawa nach Deutschland.
Wer jedoch einen schüchternen, zurückhaltenden jungen Mann erwartet hatte, der sah sich schnell getäuscht. Denn so freundlich und aufgeschlossen der Japaner vom ersten Tag daherkam, so forsch waren auch die Töne, die er bereits vor (!) seinem ersten Einsatz im schwarz-gelben Dress anstimmte: „Ich will“, kündigte er also an, „so schnell wie möglich einen Stammplatz bei Borussia Dortmund.“
Ganz ernst genommen wurde diese Ansage freilich nicht, selbst Jürgen Klopp warnte eindringlich davor, zu hohe Erwartungen in Kagawa zu setzen: „Er braucht sicher einige Zeit, um sich in Dortmund einzuleben, mit der europäischen Spielweise klarzukommen und um sich zu integrieren und ein fester Bestandteil der Mannschaft zu werden.“
Ausnahmsweise lag der Coach des BVB mit seiner Einschätzung aber gründlich daneben. Denn Shinji schlug ein wie eine Bombe. Kagawa ist der Mann für die ganz großen Momente. Kommt er in Strafraumnähe an den Ball, dann ist es zumeist nur eine Frage von Sekunden, ehe der Signal Iduna Park explodiert. Mit seiner Antrittsschnelligkeit, seinen blitzschnellen Haken und seiner Coolness vor dem Tor machte er sich innerhalb kürzester Zeit unverzichtbar für das Offensivspiel des BVB.
Schon im Testspiel gegen Manchester City traf er, in der Liga erzielte er seinen Premierentreffer gegen Wolfsburg, um eine Woche später in den BVB-Olymp aufzusteigen. Mit seinem Doppelpack in Schalke schoss er sich bereits in seinem vierten Ligaspiel für immer in die Herzen aller BVB-Fans – und auch in den Notizblock von Manchester-United-Coach Alex Ferguson, der sich schon mehrfach positiv über den „Sushi-Bomber“ äußerte. Doch das ist eine ganz andere Geschichte.