Sechs Tage nach den erschütternden Jagdszenen im Berliner Olympiastadion geht in der Bundesliga die Angst vor neuen Fankrawallen um. Beim nicht nur sportlich brisanten Rhein-Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach sollen ein Großaufgebot der Polizei, verstärkte Sicherheitsvorkehrungen sowie eindringliche Appelle der Klubs eine Eskalierung zwischen den verfeindeten Fangruppen verhindern. Doch die Ansetzung des Hochsicherheitsspiels für den Freitagabend (20.30 Uhr/live bei Sky und Liga total) sorgt für zusätzlichen Zündstoff.
"Wir haben die Sicherheitsvorkehrungen auf ein Höchstmaß geschraubt. Ich gehe davon aus, dass man als Zuschauer, wenn auch begleitet von vielen Restriktionen, sicheren Fußes in und auch wieder aus dem Stadion kommen und sich die 90 Minuten sicher anschauen kann", sagte Kölns Manager Michael Meier. Er hoffe, dass auch das "überemotionale Derby als normales Fußballspiel" ablaufen werde.
Nach den Randalen in Berlin herrscht Alarmbereitschaft (Foto: firo).
Doch angesichts des von Polizei, Klubs und der Stadt geschnürten Sicherheits-Pakets kann von einem normalen Spiel keine Rede sein - rund um die Kölner Arena und in der Stadt herrscht der Ausnahmezustand. Mehrere Hundertschaften der Polizei sollen für Sicherheit sorgen, dazu stockt der FC die Zahl der Ordnungskräfte noch einmal um 20 Prozent auf. Im Stadion sowie in den Zügen der Deutschen Bahn aus dem Raum Mönchengladbach kommend herrscht Alkoholverbot. Der Kartenverkauf an die 4500 erwarteten Gästefans erfolgte personalisiert.
Um Randalierer aus der Innenstadt fernzuhalten, werden 200 Kölner und 58 Gladbacher Anhänger, die der gewaltbereiten Fankategorie C zugeordnet sind, von Freitagmittag (12 Uhr) bis Samstagnacht (1.00 Uhr) unter Androhung von Geldstrafen in Höhe von 500 Euro mit einem Betretungsverbot belegt. "Es muss keiner Angst vor bürgerkriegsähnlichen Zuständen haben", sagte Christoph Gilles, Sprecher der Kölner Polizei, dem kicker. Über die genaue Anzahl an Beamten sowie die Taktik der Polizei wollte er keine Auskünfte geben. Zudem versuchten im Vorfeld des Spiels die Klubs mit Appellen an die Fans deeskalierend einzuwirken. Beide Vereine wollen ein Derby mit allem Drum und Dran, aber ohne Provokationen oder Gewalt, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. "Wenn der Dialog verloren geht, dann haben wir kriegsähnliche Zustände", sagte Meier.
Michael Frontzeck freut sich auf das Derby (Foto: firo).
Doch die getroffenen Maßnahmen allein gehen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei nicht weit genug. Die ZIS sprach sich nach den Vorfällen von Berlin, wo am vergangenen Wochenende rund 100 Chaoten in den Innenraum des Olympiastadions stürmten und dort wüteten, auf SID-Anfrage für eine "dauerhafte Reduzierung oder die gänzliche Abschaffung von Stehplätzen" aus. Für Unverständnis sorgte derweil die Ansetzung der Deutschen Fußball Liga (DFL). Am Freitagabend befürchten viele aufgrund der Dunkelheit ein höheres Gewaltpotenzial. "Wir sind alle nicht glücklich damit", sagte Borussias Sportdirektor Max Eberl. Die DFL rechtfertige die Ansetzung damit, dass die ZIS zum Zeitpunkt der Ansetzung Mitte Dezember keine Einwände gegen den Termin vorgebracht habe.
Zusätzlich gewinnt das 76. Derby an Brisanz, weil die rheinischen Erzrivalen ums Überleben kämpfen. Vor allem beim FC brennt der Baum. Sechs Spiele in Folge ohne Sieg, zuletzt mit einer unterirdischen Leistung trotz einstündiger Überzahl beim 0:1 in Mainz. "Wir haben eine Riesenchance, den katastrophalen Eindruck von Mainz ein Stück weit wieder gut zu machen", sagte Meier.
Doch auch die Gladbacher sind heiß. "Das Derby war für mich immer das Spiel der Saison. Wenn wir die drei Punkte Vorsprung auf den FC halten, wäre das gut. Es wäre aber auch schön, wenn wir nach dem Spiel sechs Punkte Vorsprung hätten", sagte Trainer Michael Frontzeck.