|
MSV Duisburg
|
13:30 |
Erzgebirge Aue
|
An den 23. September 2020 wird sich Maximilian Pronichev nicht gerne erinnern. Beim Spielstand von 2:2 zwischen Rot-Weiss Essen und Rot Weiss Ahlen wurde der RWE-Offensivmann in der Schluss-Viertelstunde eingewechselt. Kurze Zeit nach seiner Einwechslung hatte der 23-Jährige die Chance auf 4:2 zu erhöhen. Anstatt den Ball abzuspielen, wählte er den Ego-Trip und vertändelte den Ball. Am Ende konnte gewann RWE aber glücklich, da Amara Condé zuvor schon das 3:2 für Essen erzielte.
Doch den Alleingang sollte Pronichev teuer bezahlen. Fortan fand er keine Berücksichtigung mehr unter Trainer Christian Neidhart. Pronichev hatte beim Essener Fußballlehrer eine Dauerkarte - auf der Tribüne. [article=518566]Neidhart erklärte zuletzt gegenüber unserer Redaktion[/article], warum Pronichev solange auf einen Einsatz warten musste. Ich war sehr überrascht, dass ich nach diesem Spiel mehr als ein halbes Jahr auf einen erneuten Einsatz warten musste. Das ist dann aber eher eine Frage an den Trainer", erklärt Pronichev im RevierSport-Gespräch.
Er sagt weiter: "Es war keine angenehme Zeit. Es war sehr schwer. Du trainierst, tust und machst, kommst aber nicht zum Einsatz. Ich musste trotzdem stark bleiben und durfte, wollte auch nicht aufgeben. Ich wollte mich immer wieder beim Trainer zeigen und anbieten."
Doch Neidhart benötigte fortan seinen Offensivmann nicht mehr. RWE eilte von Sieg zu Sieg, blieb bis Ende Februar 2021 ohne Niederlage und spielte sich im DFB-Pokal in einen Rausch, der erst im Viertelfinale gegen Holstein Kiel beendet wurde. Diese erfolgreichen RWE-Monate erlebte Pronichev, der in dieser Zeit auch einige Woche aufgrund von Sprunggelenksproblemen ausfiel, von der Tribüne aus.
Pronichev musste 193 Tage bis zu seiner erneuten Einsatzchance warten
Erst am 3. April 2021 hatte das persönliche Leiden des gebürtigen Russen ein Ende gefunden. Nach sechs Monaten, einer Woche und fünf Tagen bekam Pronichev wieder einmal eine Einsatzchance. Beim 5:0 gegen Schalke II wurde er wieder, wie gegen Ahlen, eine Viertelstunde vor Schluss eingewechselt, und machte es diesmal besser. 193 Tage nach dem Ahlen-Spiel stach Pronichev als Joker gegen Schalke zu. Seitdem spielt er regelmäßig. Durfte gar zweimal von Beginn an ran, erzielte schon zwei Tore und bereitete zwei weitere Treffer vor.
"Es ist sehr schön, wieder auf dem Platz zu stehen. Es ist einfach das Wichtigste für einen Fußballer, sich am Wochenende für die harte Trainingswoche zu belohnen und auf dem Rasen zu stehen, zum Einsatz zu kommen. Dafür spielen wir ja Fußball. Keiner trainiert nur, um zu trainieren. Das Training ist da, um für den Wettkampf bestens vorbereitet zu sein. Ich genieße jetzt den Moment und freue mich, dass ich seit sechs Spielen regelmäßig dabei bin und auch schon zwei Tore geschossen und zwei Treffer vorbereitet habe", erklärt der ehemalige Spieler von Hertha BSC, der im Winter 2020 nach Essen wechselte und auf insgesamt zwölf Einsätze, vier Tore und vier Vorlagen im RWE-Trikot verweisen kann.
Diskussionen über Pronichevs Trainingsleistungen
Bleibt die Frage, warum Pronichev solange auf eine Einsatzchance warten musste. Klar: Einerseits spielte er sich durch seinen Ego-Trip gegen Ahlen vorerst aus der Mannschaft, nutzte seine Chance nicht in diesem Spiel. Dann hatte Trainer Neidhart auch keinerlei Gründe im Team etwas zu verändern, weil RWE äußerst erfolgreich agierte. Zudem fiel Pronichev, wie oben beschrieben, zwischenzeitlich verletzt aus.
Erst als Essen sich in Ahlen mit 1:2 blamierte, griff Neidhart kurze Zeit später auf den fast schon vergessenen Pronichev zurück. Es hängt auch das Gerücht in der Luft, dass der in Berlin geborene Deutsch-Russe nicht gerade ein Trainings-Weltmeister sei und sich auch nicht sonderlich für einen früheren Einsatz aufgedrängt hätte[article=518566]. Neidhart sagte vor Wochen gegenüber RevierSport[/article]: "Man muss auch vielleicht mal Maxim fragen, warum es jetzt so läuft und er vorher nicht gespielt hat."
Konfrontiert mit diesem Gerücht, antwortet Pronichev: "Das habe ich auch mitbekommen. Ich mache auch an freien Tagen, wie am Dienstag (4. Mai, Anm. d. Red.) zusätzliche Einheiten. An meinen aktuellen Leistungen sieht man, dass ich fit bin und weiter gearbeitet habe. Ich bin fußballverrückt und stets motiviert, will mich immer weiterentwickeln. Ich habe mich nie hängen lassen und gebe im Training mein Bestes."
Das sieht man bei RWE scheinbar etwas anders. Neidhart verwies auf sein Statement vor drei Wochen: "Es ist kein Geheimnis, wenn ich verrate, dass Maxim nicht gerade mit Trainingsleistungen glänzt. Trotzdem weiß er, was er auf dem Platz zu tun hat. Das haben wir jetzt aus ihm herausgekitzelt. Ich denke, dass er jetzt auch in der Pflicht steht, der Mannschaft mit guten Leistungen zu helfen", erklärte RWE-Trainer Neidhart, der Pronichev auch eine klare Ansage mit auf den Weg gab: "Ich habe ihm gesagt: 'Junge, wenn du das jetzt nicht kapierst, dann wird das nichts mehr.' Er muss jetzt der Sache gerecht werden und seinem Arbeitgeber, der ihn pünktlich bezahlt, etwas zurückgeben. Da befindet er sich aktuell auf einem guten Weg. Ich hoffe, dass das so weitergeht."
Pronichev glaubt fest an Platz eins
Auch wenn der 23-Jährige seine Trainingsleistungen in der Vergangenheit anders beurteilt, hat er die Ansage seines Trainers scheinbar verstanden und setzt das um, was von ihm verlangt wird. Aktuell liefert er ab.
Ob diese Leistungen im langen Saisonendspurt - inklusive des Niederrheinpokals - noch für einen neuen Vertrag in Essen langen - Pronichevs Vertrag läuft am Saisonende aus - damit beschäftigt sich der Rot-Weisse nicht. "Ich mache mir darüber wirklich nullkommanull Gedanken. Ob ich bleibe oder nicht, werden wir dann irgendwann im Juni sehen. Ich konzentriere mich voll auf das Wesentliche, den Fußball, das Training, die Spiele. Alles andere wird man dann sehen", betont Pronichev.
Der Fokus von Pronichev und seinen RWE-Mannschaftskollegen liegt auf dem Endspurt in der Liga und dem Verbandspokal. Vier Punkte gilt es in der Regionalliga auf Borussia Dortmund II aufzuholen. Pronichev: "Wir kommen nochmal heran! Wir werden alles dafür tun, um jedes Spiel zu gewinnen und Druck auszuüben. Wenn Dortmund patzt, müssen und werden wir da sein. Es ist noch nicht zu Ende!"
