Nein, sagte Marco Reus, er wolle jetzt nicht alles schlechtreden: „Ich bin weit davon entfernt, alles negativ zu sehen“, sagte der Kapitän von Borussia Dortmund nach dem 1:0-Sieg im ersten Champions-League-Gruppenspiel beim FC Brügge. Einen Sieg in der Königsklasse hatte es ja letztmals am 8. März 2017 gegeben, 559 lange Tage war das her.
Doch auch Reus wusste, dass zu diesem Sieg eine gehörige Portion Glück nötig gewesen war: Brügge hatte gute Gelegenheiten vergeben und das späte Siegtor eher zufällig zustande gekommen: Brügges Abwehrspieler Matej Mitrovic hatte Christian Pulisic angeschossen und von dessen Schienbein flog der Ball im hohen Bogen ins Tor. Drei Punkte gab es natürlich trotzdem für diesen „dreckigen Sieg“, wie ihn Torhüter Roman Bürki titulierte. Und doch wussten alle Dortmunder, dass sie künftig deutlich stärker auftreten müssen: „Ich zweifle daran, dass das Glück bis zum Ende der Saison auf unserer Seite ist“, mahnte Reus. „Wir müssen schon eine Menge tun, damit wir mehr Spielfreude an den Tag legen. Wir müssen uns mehr zutrauen, mehr in die gefährlichen Räume kommen, das fehlt uns momentan.“ Man habe gesehen, „dass wir noch nicht so weit sind, wie wir uns das vielleicht gedacht haben“.
Auch Reus hatte ja nicht sein bestes Spiel gemacht, als Mittelstürmer aufgestellt, fehlte ihm oft die Bindung zum Spiel. Und so erinnerte er nach Abpfiff noch einmal recht nachdrücklich daran, dass die Position im Sturmzentrum nicht seine liebste ist: „Ich denke schon, dass unser Trainerteam sich genug Gedanken macht um die Aufstellung und Taktik“, meinte er. „Aber natürlich weiß jeder, dass ich kein reiner Stürmer bin.“
Seine stärksten Szenen hatte der Angreifer in der Defensive gehabt – etwa, als er Jelle Vossens Schuss für den schon geschlagenen Bürki vor der Linie klärte. „Hätte ich Roman angeschossen, wäre das wahrscheinlich ein Eigentor geworden“, sagte Reus. „Von daher haben wir heute auch in dieser Szene sehr viel Glück gehabt.“
Reus‘ Diagnose: Mehr zutrauen müsse man sich, öfter und mit mehr Spielern in die gefährlichen Räume kommen. Positives sah der Kapitän allerdings auch: „Wir haben wieder zu Null gespielt, wir kriegen wenig Gegentore, was in den vergangenen Jahren nicht der Fall war“, sagte er. „Das ist die Basis und dann kommt hoffentlich in den nächsten Spielen dass wir mehr Akzente setzen und dass wir uns mehr zutrauen.“
Als Angreifer aber reicht ihm das natürlich nicht: „Ich bin mehr ein Freund davon, dass wir uns mehr Torchancen herausspielen“, meinte er. „Dann verwerten wir sie lieber nicht, als dass wir gar keine haben.“
Autor: Sebastian Weßling