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Kampf gegen "tiefsitzende Vorbehalte"
DFL-Boss Seifert will Reformprozess anstoßen

Christian Seifert denkt laut über Reformen nach.
Christian Seifert denkt laut über Reformen nach. Foto: firo
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Die Deutsche Fußball Liga denkt schon an die Zeit nach der Coronakrise und an einige einschneidende Veränderungen. DFL-Boss Christian Seifert hat weitreichende Vorstellungen dargelegt.


Vorwurf der Misswirtschaft, Gehalts- und Ablöse-Wahnsinn sowie ein Imageproblem - dem deutschen Profifußball ist deutlich vor Augen geführt worden, dass ein „weiter so“ nach der Corona-Pandemie alles andere als opportun wäre. Christian Seifert, Boss der Deutschen Fußball Liga (DFL), will sich an die Spitze eines tiefgreifenden Reformprozesses setzen.

„Die am stärksten wahrnehmbare Kritik findet sich derzeit an der Schnittstelle Sport und Wirtschaft. Da geht es um Spielergehälter, schamlos zur Schau gestellten Reichtum, Ablösesummen sowie Berater, die Millionen kassieren für einen Musterarbeitsvertrag, den sie bei uns aus dem Internet herunterladen können“, analysierte der DFL-Geschäftsführer mit sehr offenen Worten im FAZ-Interview.

Man wolle allerdings kein „Ankündigungsweltmeister werden“, äußerte Seifert, „es sollen Lösungen sein, die nach einem objektiven Maßstab fragwürdige Entwicklungen identifizieren und dann zumindest begrenzen, vielleicht auch korrigieren.“ Symbolpolitik helfe indes niemandem, so der 50-Jährige.

Seifert schwebt die Einsetzung einer Task Force „Zukunft Profifußball“ für den Herbst vor, um Dinge voranzubringen. Die Erhöhung der Eigenkapitalquote bei den Klubs könnte ein Ansatz sein, aber auch eine Obergrenze bei den Spielergehältern, ein sogenanntes Salary Cap.

Allerdings sei das nicht so einfach, denn: „Ein Salary Cap verstößt gegen europäisches Recht.“ Sollte es entsprechende Signale aus der Politik geben, so werde Aleksander Ceferin, der Präsident der Europäischen Fußball-Union (UEFA), zur EU fahren und dort über Salary Caps, die Begrenzung von Ablösesummen und Beraterhonoraren sprechen. „Und ich bin der Erste, der ihn begleitet“, betonte Seifert.

Der Fußball gab und gibt sich in den Wochen der Coronakrise sehr demütig, betont immer, keinen Sonderweg für sich reklamieren und sich strikt an die Vorgaben der Politik halten zu wollen. Schließlich geht es für viele der 36 Profiklubs um das wirtschaftliche Überleben - mithilfe von Geisterspielen zunächst bis zum Saisonende. 770 Millionen Euro würde ein Saisonabbruch die Bundesliga kosten.

Seifert hat selbst allerdings erkennen müssen, dass der Fußball als schönste Nebensache der Welt doch viel an Reputation in Deutschland eingebüßt hat. „Was mich nachdenklich gemacht hat, sind einige Briefe und Mails, die ich bekommen habe“, sinnierte Seifert, „daraus sprach eine Abneigung bei einzelnen Menschen, die zeigt, dass es wirklich tiefsitzende Vorbehalte gegenüber dem Profifußball in seiner jetzigen Form gibt.“

Seifert hofft, dass die Europäische Union Signale sendet, dass der Fußball als spezielle Branche reguliert werden darf. „Denn wenn es möglich ist, Managergehälter zu deckeln, dann muss es auch möglich sein, Gehälter von Beratern und Spielern zu deckeln“, äußerte Seifert.

Freunde unter den Spielerberatern hat sich der DFL-Geschäftsführer allerdings nicht gemacht. Er sei als Mitglied des sogenannten FIFA Professional Football Stakeholders Committee schon mit einer persönlichen Klage bedroht worden, „falls ich in diesem Gremium für eine Begrenzung der Beraterhonorare stimmen würde. Unterzeichnet übrigens von sehr prominenten Spielerberatern“, sagte Seifert.

Aber gibt es überhaupt Bereitschaft aufseiten der Klubs, nicht mehr von der Hand in den Mund zu leben und stattdessen den Gürtel enger zu schnallen? „Wer spart, steigt ab“, urteilte der Sportökonom und Insolvenz-Experte Daniel Weimar von Uni Duisburg-Essen im SID-Interview. Er spricht von einem „harten Rattenrennen“ und „ruinösen Wettbewerb“, der die Klubs zu finanziellen Harakiri-Aktionen herausfordere: „Die Klubs sind strukturell fast gezwungen, sich zu überschulden und Risiken einzugehen, um den Klassenerhalt oder Aufstieg zu sichern.“

Derzeit seien die Klubs und Kapitalgesellschaften bei den Gehältern „autark und völlig frei, anders als im amerikanischen Franchise-System mit einer geschlossenen Liga“. Aber die Bundesligen als geschlossener Kreis ohne Auf- und Abstieg? - für Borussia Dortmunds Manager Hans-Joachim Watzke ein Ding der Unmöglichkeit. „Das wollen wir nicht, wir haben ein anderes Selbstverständnis“, [article=484351]betonte der BVB-Chef bei „Markus Lanz“ im ZDF am Dienstagabend.[/article]

Der Weg zu Reformen ist halt noch weit. sid

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