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SPORTYVES Nr. 15 – 21.06.2007
Der hat doch Captagon genommen!

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Zur aktuellen Dopingdiskussion im Fußball erreichte mich kürzlich eine weitergeleitete Mail, mit der ich gerne meine heutige Kolumne starten möchte:

"Yves, was ging da wirklich auf Schalke? Hat nicht Olaf T. heimlich vor jedem Auswärtsspiel mehrere Lines Oregano auf der Bordtoilette des Vereinsbusses gezogen? Die Plastikbeutel, die immer montags morgens im Bierkasten unter der Kabinenbank lagen und diese seltsame Aufschrift "Rudis Söhne" trugen, waren doch auch sehr verdächtig. Vor allem die braunen Päckchen, die Youri M. immer aus der Heimat auf die Geschäftsstelle zugeschickt bekam, rochen so interessant würzig. Günther S. war ja ohnehin immer drauf - warf er doch seinen Mitspielern regelmäßig unvermittelt den Ball ins Gesicht und freute sich dann kindisch. Ach, und Du selber lehntest doch die weißen Tabletten vom Arzt immer ab. Du wolltest lieber Dragees in bunten Farben. Mit dem vielen Alkohol des Biersponsors, knallte das Ganze bestimmt noch mal viel besser - und bevor ich's vergesse:

Als Peter N. das Trainingszepter übernahm, war mit dem ganzen Dreck - wie man heute ja schon weiß – auf Schalke sofort Schluss. Dass Jens L. heimlich weitermachte und nur deshalb den Vertrag in der verbotenen Stadt unterschrieb, weil er überdosiert war, ist natürlich nur ein Gerücht, eine Vermutung, gar ein Witz wie die übrigen hier geschriebenen Zeilen ja auch, oder? Yves, klär uns auf!"

Von Captagon hatte ich bereits gehört, wobei ich nicht wirklich weiß, ob erstmalig zu meiner Bielefelder oder Schalker Zeit. Scheint mir aber auch recht unerheblich. Was ist Captagon? Wenn ich es richtig verstanden habe, so handelt es sich um eine Art Aufputschmittel. Irgendwie wirkt die aktuelle Diskussion etwas absurd. Klar, Doping – wie auch Drogen – sind überflüssig. Aber sollte die mögliche Einnahme von Captagon nicht eher im zeitlichen Kontext bewertet werden? Immerhin sprechen wir über eine Sache, die sich Ende der achtziger bzw. Anfang der neunziger Jahre zugetragen haben soll.

Dabei meine ich nicht die mögliche Verjährung der "Tat", sondern vielmehr den Umstand, dass es damals eine Reihe von Dingen gab, die heute so nicht mehr toleriert würden. Dass junge Spieler die Taschen der Älteren tragen und deren Schuhe putzen mussten, würde heute bestimmt als menschenverachtend betrachtet. So ausdifferenziert der Fußball in seinen Anforderungen war und ist, so komme ich zu der Annahme, das bei der Einnahme dieser oder ähnlicher Mittel weniger die eigentliche Leistungssteigerung im Vordergrund stand, sondern es eher eine Kopfsache betraf – ähnlich dem des Aberglaubens.

Manch ein Spieler zieht zuerst den rechten Schuh an, um sich gut zu fühlen, manch einer nahm zwei Aspirin (wohl um das Blut zu verflüssigen – wozu auch immer?), manch einer bestimmt auch Captagon. Na und? Diese Sportler, wenn man sie denn so nennen darf, sind nur zu bedauern.

Absurd erscheint mir der Diskurs im Übrigen auch, da ich mich fragen muss, warum nicht auch der Alkoholkonsum geächtet wird? Nicht erst ein Mal habe ich gesehen, dass sich so genannte Sportler in der Halbzeitpause drei Flaschen Bier reingehauen haben. Oder gehört jenes zur Kultur des Amateursports? Ich weiß ja nicht. Machen wir doch einfach so weiter und dulden es, dass vor, nach und in der Halbzeitpause der im Fernsehen übertragenen Spiele, wenn auch der Nachwuchs bekanntlich oftmals zuschauen darf, für Alkohol geworben werden darf. Da sage mir noch einmal einer: "Keine Macht den Drogen!"

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