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Scholl geht ohne Wehmut, aber zum richtigen Zeitpunkt
Abschied nach 17 Jahren Fußball-Bundesliga

Scholl geht ohne Wehmut, aber zum richtigen Zeitpunkt
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Im vergangenen November gab er sich ein wenig irritiert, als Manager Uli Hoeneß vorpreschte und verkündete, diese nun zu Ende gehende Saison werde die letzte von Mehmet Scholl sein. `Ich bekomme also keinen neuen Vertrag, und ich weiß nichts davon´, maulte der dienstälteste Spieler der Fußball-Bundesliga zurück. Ein kleiner Scherz am Rande, denn längst war klar, was Hoeneß vorzeitig der Öffentlichkeit kundtat: Nach 17 Jahren als Profi des Karlsruher SC und von Bayern München (ab 1992) sei `der richtige Zeitpunkt´ für den Abschied gekommen, versicherte Scholl. Am Samstag wird der 36-Jährige in der Münchner Arena zu seinem 392. und letzten Bundesligaspiel antreten.

Der Abgang ist doch eher still, für den FC Bayern und Absteiger Mainz 05 ist diese Begegnung nurmehr ein lästiger Kehraus einer sehr deprimierenden Saison. Doch die Sympathiebekundungen, die Scholl bereits am vergangenen Samstag von den Anhängern von Energie Cottbus entgegenschlugen, lassen auch den Schluss zu: Es wird sicher ein versöhnlicher Nachmittag werden.

Foto: firo.

Ein letztes Mal dürfen sich 69.000 Zuschauer der Hoffnung hingeben, dass der ewige `Scholli´ sie ein wenig verzaubern wird. Er selbst gehe `ohne Wehmut´, hat Scholl bereits angekündigt, und dennoch wirkt seine Karriere wie ein Versprechen, das nie ganz eingelöst wurde. Er kann keine Weltmeisterschaft in seinem Resümee vorweisen, und insgesamt 36 Länderspiele klingen nicht nach großer Karriere. `Die Ehe Scholl-DFB war nie so richtig glücklich´, meint Scholl. Irgendwie streikte immer sein Körper, wenn aus dem begnadeten Techniker und Dribbler ein Weltstar hätte werden können.

`Die Tiefen waren tiefer als die Höhen hoch´, räumt Scholl deshalb ein. Aber er sagt auch, die Sympathie und der Respekt der Menschen bedeute ihm mehr als irgendein weiterer Titel. Sein größter Erfolg sei ohnehin, `im Haifischbecken FC Bayern nicht gefressen worden zu sein und 15 Jahre überlebt zu haben´. Nur Weltmeister ist er nicht geworden, ansonsten gewann Scholl alles und mehrfach dazu. Nachdem er einst mit der B-Jugend des KV Karlsruhe nur Vizemeister im Mannschaftskegeln wurde, holte Scholl mit den Bayern achtmal die Meisterschale und fünfmal den Pokal - das ist Rekord. Vor allem gewann er die Herzen des Publikums.

Erst war es vornehmlich die Generation der Zahnspangenträger, die ihn in den Rang eines Popstars kreischte, später dann, als sich Scholl aus dem Rampenlicht zurückzog, verkörperte er die Hoffnung auf schönen, auf spektakulären Fußball. Neben seiner Art Fußball zu spielen mag auch das Lausbübische, das ihm stets anhaftete, mag auch sein Humor dazu beigetragen haben, dass Scholl zum Sympathieträger wurde. Er selbst kann sich die große Popularität über all die Vereinszugehörigkeiten hinweg nicht erklären - der Sache wird aber nun in bewegten Bildern auf den Grund gegangen. Igor Luther, Kameramann bei der Oscar-prämierten `Blechtrommel´ und Vater von Scholls Lebensgefährtin, dreht derzeit den Film `Freigespielt´: Darin soll geklärt werden, warum es viele Menschen gibt, die den FC Bayern nicht leiden können, Scholl aber schon.

`Das schönste Abschiedsgeschenk ist, dass mich die Fans so mögen, dass sie mich respektieren, auch die gegnerischen. Das macht mich einfach nur glücklich´, sagt Scholl vor seinem letzten Spiel - das allerdings nicht sein letztes bleiben soll: Manager Hoeneß, dem er ans Herz gewachsen ist, der ihm auch in kritischen Lebensphasen als väterlicher Freund zur Seite stand, hat den FC Barcelona für ein Abschiedsspiel am 15. August in München gewonnen. Ob Scholl dem FC Bayern danach in entscheidender Funktion weiter zur Verfügung stehen wird, ist allerdings noch offen.

`Darüber wurde bisher nur in den Medien gesprochen, nicht mit mir. Aber ich brauche das auch nicht´, sagt er. Scholl will sich eine Fußball-Pause gönnen und `erstmal weg´. Er möchte die Freiheit genießen, `mal an einem Freitagabend in Berlin oder Köln auf ein Konzert zu gehen´. Nichts weiter? `Nein´, sagt Scholl: `Ich bin auf einem guten Weg, zufrieden zu sein.´

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