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Hamburg Sea Devils: Bicknell spricht über seinen Rücktritt
"Ich bin nie wieder auf den Damm gekommen"

Hamburg Sea Devils: Bicknell spricht über seinen Rücktritt
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Am gestrigen Dienstag, den 27. März 2007, trat Jack Bicknell überraschend als Head Coach der Hamburg Sea Devils zurück. Aus gesundheitlichen Gründen kann der 69-Järhige, der die Hanseaten seit ihrer Ligazugehörigkeit 2005 trainierte, sein Amt nicht länger ausführen. Als Nachfolger für Bicknell wurde sein langjähriger Weggefährte Vince Martino benannt. Der 60-Jährige, der die vergangenen beiden Jahre als Offensive Coordinator der Sea Devils arbeitete, war seit 30 Jahren Wegbegleiter von Bicknell.

Am heutigen Mittwoch, den 28. März 2007, sprach Bicknell über den Rücktritt, seinen Gesundheitszustand und seine Zukunftspläne.

Frage: Mr. Bicknell, wann haben Sie die Entscheidung getroffen, als Head Coach der Hamburg Sea Devils zurückzutreten?

Jack Bicknell: „Diese Entscheidung habe ich am Dienstag beim Training der Mannschaft gefällt. Ich hatte mir lange genug eingeredet, dass ich stark genug sei, den Job noch eine Saison lang zu machen. Jeden Tag bin ich aufgewacht und hatte erwartet, dass es mir besser gehen würde. Und am Dienstag war es dann soweit. Ich wachte auf und mir ging es blendend. Ich dachte, ich wäre auf dem richtigen Weg. Doch während des Trainings hatte ich einen dramatischen Einbruch. Ich hatte furchtbare Schwindelgefühle und es fiel mir unheimlich schwer, mich zu konzentrieren. In dem Moment war mir klar, dass ich aufhören würde. Ich hatte mir etwas vorgemacht und mir wurde klar, dass ich das mir und meiner Familie nicht antun kann.“

Frage: Sie nannten gesundheitliche Gründe als den Grund für Ihren Rücktritt. Was genau fehlt Ihnen?

Bicknell: „Ich habe mich Heilig Abend mit einem Virus infiziert. Der Virus griff meine Lunge und mein Herz an. Ich hatte Probleme, meine Balance zu halten, und konnte mich nicht mehr konzentrieren. Ich bin fünf Tage im Krankenhaus geblieben und habe anschließend noch viel Zeit daheim im Bett verbracht. Dann habe ich meiner Frau Lois erzählt, dass ich versuchen würde, bis zum Draft und der Allocation durchzuhalten. Als wir unser Team hatten, wollte ich auch das Trainingscamp schaffen. Ich dachte, dass es mir einfach gut tun würde, die Spieler zu sehen, die Sonne im Gesicht zu haben. Doch ich bin nie wieder auf den Damm gekommen.“

Frage: Wie hat Ihr Team reagiert, als sie den Spielern von Ihrem Rücktritt erzählt haben?

Bicknell: „Die Mannschaft war überrascht aber nicht schockiert. Die „alten Hasen“ hatten schon längst gemerkt, dass ich nicht ich selbst war. Scott McCready hatte mich oft darauf angesprochen. Er kennt mich von allen Spielern wahrscheinlich am längsten und am besten. Auch Casey Bramlet, der ja schon vor zwei Jahren für die Sea Devils gespielt hat, erkundigte sich oft nach meinem Befinden. Sie haben oft gefragt, wie sie mir helfen können. Sie wollten mir ein Golfcart in Hamburg besorgen. Doch solchen Quatsch mache ich nicht mit. Es war lieb gemeint, doch ich muss gesund sein, um diesen Job durchziehen zu können.“

Frage: Fühlen Sie sich jetzt, wo Sie diese Entscheidung getroffen haben, erleichtert oder traurig?

Bicknell: „Ich bin nicht traurig, denn ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war. Ich hätte aber nie gedacht, dass es soweit kommen würde. Auf der anderen Seite tut diese Entscheidung aber natürlich weh. Ich habe so lange gecoacht und plötzlich geht es nicht mehr. Ich habe mit meinen Coaches ein großartiges Team für die NFL Europa Saison 2007 zusammengestellt. Ich bin mir sicher, dass die Hamburg Sea Devils in dieser Saison sehr erfolgreich spielen werden.“

Frage: War Ihre Frau Lois eingeweiht in Ihre Pläne? Und war Sie erleichtert über Ihre Entscheidung?

Bicknell: „Sie wusste genau bescheid. Ich habe ja täglich mit ihr gesprochen. Sie hat sich lange genug Sorgen gemacht. Sie hatte ehrlich gesagt keine Lust mehr, sich Gedanken über meine Gesundheit zu machen. Sie hat Hamburg geliebt und wird die Stadt und die Menschen vermissen. Mir geht es genauso.“

Frage: Wann werden Sie nach Hause reisen?

Bicknell: „Ich habe noch einen Arzttermin am Donnerstag hier in Tampa. Am Freitag werde ich dann nach Hause nach New Hampshire fliegen. Ich will nicht länger bei der Mannschaft sein. Das tut nur weh – mir und auch den Spielern und anderen Coaches. Heute spielen die Jungs im Scrimmage gegen Berlin. Auch da werde ich nicht dabei sein. Es ist ein sehr schmerzhaftes Gefühl, nicht bei der Mannschaft zu sein. Doch jetzt bei ihr zu sein, wäre viel schmerzhafter.“

Frage: Bedeutet das Ausscheiden bei den Hamburg Sea Devils Ihr Karriere-Ende?

Bicknell: „Ja. Ich denke, dass 69 Jahre kein Alter sind. Doch mein Körper hat mir gezeigt, wo es lang geht. Ich freue mich nun auf die Zeit mit meiner Familie, meiner Frau, meinen Kindern und meinen Enkelkindern. Ich will meine Jungs besuchen - Bob und Jack Jr. - und sie bei ihren Coach-Karrieren unterstützen.“

Frage: Was werden Sie jetzt mit Ihrer neu gewonnen Freizeit anfangen?

Bicknell: „Ich möchte zuerst einmal wieder gesund werden. Das ist das Wichtigste. Dann kann ich mir vorstellen, im Frühjahr Golfen zu gehen. Das habe ich noch nie getan. Schließlich war ich in dieser Jahreszeit immer in Europa arbeiten. Außerdem möchte ich so viel wie möglich reiten. Natürlich bin ich derzeit noch nicht in der körperlichen Verfassung, zu reiten.“

Frage: Werden Sie in Zukunft auch zurück nach Deutschland reisen?

Bicknell: „Auf jeden Fall. Ich möchte gern wieder nach Deutschland – als Tourist. Ich möchte all die Städte und Orte sehen, die meine Frau sehen konnte. Ich habe ja die meiste Zeit in Meetingräumen oder auf dem Trainingsgelände oder im Stadion verbracht. Wenn ihr in den World Bowl einzieht, will ich unbedingt dabei sein.“

Frage: Was sagen Sie zur Entscheidung, Vince Martino zum neuen Head Coach der Hamburg Sea Devils zu benennen?

Bicknell: „Ich freue mich unheimlich für Vince Martino. Vince ist ein sehr guter Freund und es hätte keinen besseren Mann für den Job geben können. Er hat diese Chance verdient. Ich weiß, dass alle anderen Coaches ihn unterstützen werden.“

Frage: Werden Sie ihn unterstützen?

Bicknell: „Ich werde ihm nicht sagen, wie er seinen Job zu machen hat. Ich habe ihm einige Dinge mit auf den Weg gegeben, die meiner Meinung nach wichtig sind. Er soll nichts tun, woran er nicht hundertprozentig glaubt. Und er soll auf keinen Fall so sein wie ich. Wenn jemand versucht, jemand anderes als er selbst zu sein, geht das nie gut. Er soll seinen eigenen Weg gehen. Wir haben schon über einige seiner Ideen gesprochen und sie haben mich begeistert.“

Frage: Sie waren sehr beliebt bei den Hamburger Fans. Möchten Sie denen noch etwas mit auf den Weg geben?

Bicknell: „Ich möchte mich bei den Hamburger Fans bedanken. Das Publikum in Hamburg war wirklich einmalig. Wir haben unter schwersten Bedingungen gespielt - bei Wind, Schnee und Regen – und die Fans haben uns immer unterstützt. So viel Unterstützung habe ich zuvor nie erlebt in meinen fast 50 Jahren als Coach. Ich werde die Stimmung in der AOL Arena nie vergessen. Dafür bedanke ich mich aus tiefstem Herzen. Ich wollte den Fans in HH unbedingt ein erfolgreiches Team und eine erfolgreiche Saison bieten. Ich denke aber, dass die Fans meine Entscheidung verstehen werden. Auch ihretwegen habe ich mir gesagt, dass ich aufhören muss, bevor es zu spät ist. Es hätte niemandem etwas genützt, wenn ich mit nach Hamburg gekommen wäre und dann nach zwei Wochen zurückgetreten wäre. Ich bin mir sicher, dass unsere Fans auch Vince Martino und sein Team mit Herz und Seele unterstützen werden.“

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