Ein Hilferuf aus Wattenscheid. Ein letztes Klammern an gemeinsam Vereinbartes. Und auch: ein Treuebekenntnis. Man wolle und solle doch gemeinsam weitermachen. Es gebe doch schließlich einen rechtsgültigen Vertrag. Eine Seite könne gar nicht entscheiden, dass es zu Ende sei.
Nun ja – sie tut es aber. Und selbst wenn, wie es in der Pressemitteilung des Regionalligisten heißt, kein Recht zur einseitigen Kündigung bestünde – die SG Wattenscheid ist davon abhängig, ob das Hamburger Technologie-Unternehmen Haalo im Crowd-funding-Verfahren die in der Fantasie bezifferte Summe von 25 Millionen Euro einsammelt. Denn nur dann würde auch der Club etwas gewinnen. Geld eben.
Steigt Can aus, kann 09 einpacken
In Wattenscheid scheint vieles am Boden. Wieder platzt ein großer Traum. Haalo hatte eigentlich versprochen, die SGW auf dem Weg zurück in den Profi-Fußball zu begleiten. Und hat sich zurückgezogen. Nun hängt der Verein – schon wieder – am Tropf des Aufsichtsrats-Vorsitzenden. Diesmal ist es Oguzhan Can. Steigt er aus, können die Nullneuner einpacken. Das ist kein Schreckensszenario, sondern bittere Realität. Es sei denn, jemand ist bereit, den Club zu übernehmen, der seit Beginn der Woche erneut im Chaos versinkt.
Beinahe vergisst man bei all den Vorwürfen, Intrigen und Zukunftssorgen, dass da noch eine Mannschaft in der Fußball-Regionalliga um Meisterschaftspunkte spielt. Und jeder, der zu dem Ensemble gehört, das im nächsten Spiel beim 1. FC Kaan-Marienborn (Samstag, 14 Uhr) gefordert ist, weiß um die prekäre Lage seines Vereins. Auch Trainer Farat Toku.
Noch eine Krise in Wattenscheid, könne man scherzen, und man baue ihm vor dem Lohrheidestadion eine Statue. Ohne zu murren, ohne sich in irgendeiner Weise zu beschweren, macht der 38-Jährige seinen Job, bereitet sein Team auf die schwierige Aufgabe beim Aufsteiger aus dem Siegerland vor, hält von seinen Akteuren das Schlimmste fern. Dabei sei das Schlimmste etwas, das Farat Toku längst vergangenen Tagen zuordnet. „Wir standen hier auch schon ohne Vorstand und Aufsichtsrat da“, erinnert der Trainer. Niemand könne ihn davon ablenken, dass er seine Aufgaben gewissenhaft erledige. „Das bin ich allen schuldig“, betont er.
Tietz und Obst sind wieder fit
Im Gespräch schafft er es schnell, die Aufmerksamkeit einzig auf den Sport zu lenken. Er freut sich zum Beispiel darüber, dass Jeffrey Obst und Matthias Tietz, die zuletzt gesperrt waren, wieder mitspielen dürfen. Hingegen sorgt er sich um Nicolas Abdat und Adrian Schneider, die jeweils Probleme an der Achillessehne haben. Und er hofft darauf, dass Stürmer Cellou Diallo, der sich nach seinem Innenbandriss im Knie wieder im Lauftraining befindet, bald wieder in der Meisterschaft stürmen darf.
Er könnte den aus Guinea stammenden Angreifer allerdings gut gebrauchen. Denn der 1.FC Kaan-Marienborn gehört zu den Teams, gegen das eine kreative Offensive gefragt ist. „Sie stehen tief, ähnlich wie Wuppertal“, weiß Farat Toku. Beim 0:2 am vergangenen Mittwoch blieb sein Sturm blass. „Wir müssen geduldig bleiben und dürfen auf keinen Fall ins offene Messer laufen“, sagt er.
Autor: Dominik Hamers