Wegen seiner beiden High-Tech-Unterschenkelprothesen wurde er in englischsprachigen Zeitungen der „Blade Runner“ genannt, in Deutschland machte er als „der Schnellste auf keinen Beinen“ Schlagzeilen. Das große Ziel des Südafrikaners ist die Olympia-Teilnahme 2012. In London will der dreifache Paralympics-Sieger auch mit den nicht-behinderten Läufern Schritt halten. Auf dem langen Weg nach London machte Oscar Pistorius in Bottrop Station und erzählte über seinen großen olympischen Traum.
Herr Pistorius, in Ihrer südafrikanischen Heimat findet gerade das größte Sportereignis der Welt statt. Warum sind Sie in Bottrop, statt sich zu Hause das ein oder andere Spiel anzuschauen?
Es ist wirklich schade, dass ich nicht in Südafrika bin. Aber dort ist jetzt Winter, die Leichtathletik-Saison ist beendet. Deshalb lebe ich vier Monate des Jahres in Grossetto, in Italien. In Bottrop laufe ich bei den Internationalen Leichtathletik-Meisterschaften der Behinderten, weil ich noch Qualifikationszeiten schaffen muss und weil hier bei guter Konkurrenz alles bestens organisiert ist.
Wie ist die Form?
Sehr gut. Ich fühle mich super. In Manchester bin ich vor zwei Wochen 48,83 Sekunden über 400 Meter gelaufen. Das ist nicht so schnell, schließlich liegt meine Bestleistung bei 46,25 Sekunden, aber darum geht es jetzt nicht. Es war nur ein Test. Hier in Bottrop bin ich die 400 Meter in 47,76 und die 200 Meter in 22,26 Sekunden gelaufen. Das ist doch super.
Es heißt, Sie wollen im Oktober bei den Commonwealth-Games in Neu Delhi rennen. Das wäre Ihr erster großer Start bei, sagen wir, normalen Meisterschaften.
Das ist richtig. Für die Olympischen Spiele in Peking und die WM in Berlin hatte ich leider die Norm knapp verpasst.
Die Qualifikationszeit für die Commonwealth Games ist 45,95 Sekunden.
Ziemlich schnell, oder? Aber ich fühle, dass ich es drauf habe. Ich habe unheimlich viel dafür gearbeitet. Das wäre ein weiterer großer Schritt für mich. Das ganz große Ziel sind aber die Olympischen Spiele 2012 in London. Ich traue mir zu, irgendwann 45 Sekunden zu laufen. Das mag sich hochgegriffen anhören, doch ich fühle, dass ich das kann.
Um Ihre Starterlaubnis bei Olympia und Weltmeisterschaften gab es ein monatelanges Gerangel. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Drei Starts, drei Siege - Oscar Pistorius demonstrierte am Wochenende seine Schnelligkeit (RS-Foto: Tillmann).
Das war hart. Nicht im physischen Sinn. Aber es hat mich mental völlig erschöpft. Umso größer ist die Freude, dass jetzt alles geklärt ist.
Können Sie vom Sport leben?
Ja. Seit einigen Jahren habe ich zwei, drei Sponsoren, die mich unterstützen. Ich liebe meinen Sport und laufe nicht des Geldes wegen. Doch ich brauche meine Werbeverträge, um mich auf den Sport konzentrieren zu können.
Sie sind der bei weitem bekannteste Behindertensportler der Welt. Fühlen Sie sich als Idol?
Idol will ich es nicht nennen. Ein gutes Beispiel möchte ich sein, wie man mit viel Arbeit zum Erfolg kommen kann.
In Bottrop sind Sie nicht die 100 Meter gelaufen und haben sich stattdessen im Hotel das erste Spiel Südafrikas bei der WM angeschaut.
Pistorius: Waren Sie auch so begeistert von unserer Mannschaft? Das Tor von Tshabalala war phantastisch, phänomenal.
Wie wichtig ist die Fußball-WM für Südafrika?
Sehr wichtig. Das ganze Land ist stolz, erster afrikanischer Gastgeber der Weltmeisterschaft zu sein. Wir wollen der Welt zeigen, wie gut wir dieses Fest des Sports organisieren können. Eine gelungene WM ist von großer Bedeutung für die Zukunft Südafrikas.
Ist die WM auch eine gute Gelegenheit, der Welt zu zeigen, dass es in Südafrika nicht nur Armut, Verbrechen und Aids gibt?
Genau so ist es. Natürlich leben in Südafrika viele Menschen in Armut, natürlich ist die Kriminalitätsrate in unserem Land sehr hoch. Aber anderswo herrscht auch Armut, gibt es auch Verbrechen. Die Welt soll sehen, dass Südafrika eines der schönsten Länder ist.