Seit dem vergangenen Jahr entscheiden die Mitglieder von Fortuna Köln nicht nur über ein geeignetes Maskottchen und den passenden Bierpreis, sondern auch über jeden einzelnen Spielervertrag und anfallende Prämienzahlungen. Nun fordert ein User erstmals die Entlassung des aktuellen Trainers Matthias Mink. „Herr Mink führt die Mannschaft geradewegs zurück in die Mittelrheinliga. Für das seit Wochen desaströse Spiel der Mannschaft ist er verantwortlich, denn er hat die Mannschaft zusammen gestellt und versucht sie zu trainieren. Es ist Zeit, den Versuch von Herrn Mink zu beenden“, heißt es auf der Internetseite. Die ambitionierte Fortuna hat erst zehn Punkte gesammelt und steckt im Tabellenkeller fest.
Seit dem 3. April 2008 räumt NRW-Ligist Fortuna Köln auch externen Personen ein Mitspracherecht im Verein ein. Unter www.deinfussballclub.de (DFC) kann man für 39,90 Euro pro Jahr zum „Co-Trainer“ werden und alle Vorgänge mitverfolgen. Bislang gibt es 10.584 registrierte Mitglieder. Das Projekt folgt dem britischen Beispiel von Ebbsfleet United und steht unter der Schirmherrschaft von Regisseur Sönke Wortmann („Deutschland. Ein Sommermärchen“). „Wir arbeiten so transparent wie kein anderer Verein in Deutschland“, teilt DFC-Sprecher Burkhard Mathiak stolz mit. „Es gibt keine wichtige Entscheidung, an der die Mitglieder nicht beteiligt sind.“
Damit es zur Abstimmung kommen kann, müssen entweder 5 Prozent der derzeit rund 10.000 Mitglieder dem Vorschlag zustimmen, oder es muss der Vorschlag mit den meisten Zustimmungen des Monats sein. „Im November kommt die Abstimmung. So oder so“, ist sich Bernhard Mathiak sicher.
Für diesen Fall wird der Verein alle Fakten zusammentragen, damit die User eine begründete Entscheidung treffen können, „die nicht nur auf Emotionen basieren soll“, wie Mathiak betont. Der frühere stellvertretende Pressesprecher von Schalke 04 will dafür Statements von Trainer, Mannschaft und Vorstand zur Verfügung stellen, aber auch darlegen, welche Abfindung damit verbunden wäre. Kurz nach dem Bekanntwerden der Entlassungsforderung hatte der 1. Vorsitzende des Vereins, Klaus Ulonska, verlauten lassen, dass eine Trennung aus finanziellen Gründen nicht möglich sei. „Herr Ulonska hat seine Aussage inzwischen zurückgenommen. Sein Hauptaugenmerk ist immer der finanzielle Aspekt und ihm ist es zu verdanken, dass es die Fortuna noch gibt. Aber das Geld ist auf jeden Fall da“, stellt Mathiak klar.
Der DFC-Sprecher hofft allerdings, dass Mink dem Verein erhalten bleibt, da er in erster Linie individuelle Fehler für die Misere verantwortlich macht. „Ich persönlich bin der Meinung, dass es falsch ist ihn zu entlassen. Aber das entscheiden die Mitglieder. Matthias Mink weiß das natürlich auch und akzeptiert es auch“, sagt Mathiak. „Wenn man sich auf diese Form der Vereinsführung einlässt, muss man auch dazu stehen.“
Vor allem aus der bisherigen Erfahrung schöpft der DFC-Sprecher Hoffnung, dass Mink im Amt bleiben kann, da sich die Mitglieder, die mit der Arbeit des Trainers zufrieden sind, erst in der endgültigen Abstimmung einschalten können. „Im Forum wird in erster Linie Kritik geäußert. Zufriedenheit wird selten kommuniziert. Bei der endgültigen Entscheidung überlegt aber jeder zweimal, so dass keine überstürzte Entscheidung getroffen wird.“
Es scheinen also spannende Wochen auf Fortuna Köln zuzukommen, an deren Ende möglicherweise die erste demokratische Trainerentlassung steht. Denn eines unterstreicht Mathiak: „Kommt die Abstimmung, dann ist das Ergebnis verbindlich.“