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Ein Leben an der Pfeife
Ältester Schiri im Revier wird 80 Jahre

Kreisliga GE: Alter Schwede wird 80 Jahre
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Alter Schwede! Am Montag, 23. Januar, wird der betagteste Schiedsrichter des Reviers 80 Jahre. Ob er noch weiter pfeift, macht er von seinen Schuhen abhängig.

Es ist ein Sonntagmittag auf einem Aschenplatz im Revier, bei Temperaturen um fünf Grad schauen sich 25 Unentwegte den Kreisliga-C-Kick zwischen Firtinaspor II und ETuS Gelsenkirchen II an. Noch tiefer geht es im Fußball nicht, dennoch ist es eine außergewöhnliche Partie.

Das Besondere an diesem tristen Nachmittag ist der Schiedsrichter. Während beinahe an jedem Wochenende Spielabbrüche und Ausschreitungen von Spielern oder Zuschauern den niedrigklassigen Amateurfußball in ein schlechtes Licht rücken, bleibt die Partie an der Plauener Straße ruhig.

Alfred Schwede im Einsatz (RS-Foto: Buschmann).

Kein Wunder, denn Alfred Schwede hat alles im Blick, die wenigen kniffligen Szenen entscheidet er mit souveräner Gelassenheit. Kein Wunder, denn am 23. Januar wird der älteste aktive Schiedsrichter im Ruhrgebiet 80 Jahre alt, das Spiel an diesem 4. Dezember ist vielleicht sein letztes mit der Pfeife in der Hand.

Spieler könnten seine Enkel sein

„Wenn die Schuhe kaputt gehen, höre ich auf“, kündigt Schwede an. Seine schwarz-weißen Adidas Samba machen allerdings noch einen guten Eindruck. Daher darf der unter einem Nachwuchsmangel bei den Schiedsrichtern leidende Fußballkreis Gelsenkirchen darauf hoffen, seinen „Oldie“ noch ein wenig länger auf den Plätzen der Kreisliga B und C einsetzen zu können.

52 Jahre macht er das jetzt schon und ist längst zur Kultfigur im hiesigen Amateurfußball geworden. 1932 in Hindenburg in Oberschlesien (heute Zabrze/Polen) geboren, entdeckte er schon mit 27 Lenzen nach dem aktiven Vereinsfußball seine Liebe für die Rolle des 23. Mannes auf dem Platz.

Als Schwede 1966 mit seiner Familie nach Deutschland übersiedelte und sich dem FC Schalke 04 anschloss, war er allerdings schon zu alt für eine höhere Laufbahn als Schiedsrichter. Während Referees, wie die Kempter-Brüder, heutzutage schon mit Mitte 20 in die Bundesliga aufsteigen können, pfiff der gelernte Bäcker nie höher als in der Landesliga.

4.000 Mal an der Pfeife

Das ist vier Jahrzehnte her und „Opa“ Schwede seitdem aus Gelsenkirchens Fußball-Szene nicht weg zu denken. „Fragen Sie mich etwas leichteres“, rät er dem RevierSport-Redakteur, der wissen will, wie viele Spiele er denn in seiner Karriere schon geleitet hat. „Wenn die Saison läuft, sind es acht bis zehn pro Monat, also etwa 70 bis 80 im Jahr“, überlegt Schwede. Er hat seine Einsätze nie gezählt oder aufgeschrieben, doch an die 4.000 müssen es bis heute gewesen sein.

Wieviele noch hinzu kommen werden, weiß der rüstige Rentner nicht. Ob er nach der Winterpause und nach seinem runden Ehrentag noch einmal auf den Sportplatz zurückkehren wird, möchte er nicht nur vom Zustand seiner Schuhe abhängig machen.

Die Spieler jedenfalls, die seine Enkel oder sogar Ur-Enkel sein könnten, haben keine Probleme mit dem in Ehren ergrauten Senior in ihrer Mitte. „Ob der Schiedsrichter alt oder jung ist, spielt für uns keine Rolle. Wichtig ist, dass er vernünftig pfeift“, sagt Bülent Gültas, der Kapitän von Firtinaspor II.

Mit der Einstellung kann Schwede sehr gut leben. Natürlich ist er nicht mehr ständig auf Ballhöhe, wenn die bis zu 60 Jahre jüngeren Kicker schnell die Seiten wechseln. Aber wenn eine Szene zu eskalieren droht und die Spieler mal nach einem kleinen Rempler ein Rudel bilden, ist Schwede rasch dazwischen und schlichtet die Situation mit seiner natürlichen Autorität. „Manchmal ist es ganz gut, wenn ich dann nicht alles verstehe“, grinst er angesichts der nicht nur in dieser Partie überwiegend türkischstämmigen Spieler auf dem Platz.

Das letzte Wort hat ohnehin er. Das letzte Wort, ob er die Pfeife wirklich nicht mehr in den Mund nehmen wird, ist indes noch nicht gesprochen – aber „einmal muss ja Schluss sein“, sagt er mit Bestimmtheit - der alte Schwede.

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