"Ehrlich gesagt habe ich dafür keine plausible Erklärung. Es war ja schon in den letzten Jahren so, dass meistens ein Ausländer Torschützenkönig wurde", sagte Löw in einem Interview mit dem Fachmagazin kicker und bezeichnete den Angriff sowie die linke Abwehrseite als Problem-Positionen der Nationalmannschaft.
Rückendeckung bei der öffentlichen Schelte an seiner Abteilung Attacke bekam Löw vom früheren Schalker Top-Torjäger Klaus Fischer. "Ich kann seine Kritik absolut nachvollziehen. Die Ausbeute der deutschen Stürmer in der Liga ist besorgniserregend. Vielleicht will niemand auf dem Platz mehr dorthin, wo es weh tut", sagte Fischer dem Sport-Informations-Dienst (SID) und fügte hinzu: "Wenn Stürmer in der Liga nur zwei- oder dreimal treffen und dann in der Nationalmannschaft spielen müssen, ist das sehr bedenklich." Fischer ist mit 268 Toren der zweiterfolgreichste Schütze in der Bundesliga nach "Bomber" Gerd Müller (365 Treffer) und war 1976 Bundesliga-Torschützenkönig.
Im deutschen Fußball-Oberhaus liegen Mario Gomez und Andre Schürrle vom Tabellenzweiten FSV Mainz 05 als beste deutsche Profis nach zehn Spieltagen mit jeweils vier Treffern auf Platz zwölf der Torschützenliste. Gomez hat in den vergangenen Wochen aber wieder aufsteigende Form gezeigt und die Bayern am Mittwoch mit einem Dreierpack beim 4:0-Sieg in der Champions League beim rumänischen Double-Gewinner CFR Cluj vorzeitig ins Achtelfinale geführt.
"Gomez ist nach wie vor mit unheimlich viel Qualität ausgestattet. Er ist ein Stürmer von internationalem Format. Wenn er regelmäßig spielt, wird er diese Stärken auch zeigen", sagte Löw über den Bayern-Stürmer.
Löws Hoffnung: Patrick Helmes (Foto: firo).
Hoffnungen setzt Löw zudem auf Patrick Helmes von Bayer Leverkusen. "Ich halte auf ihn große Stücke, denn er verfügt über eine unheimliche Abschlussstärke", erklärte Löw. Helmes befindet sich nach seinem Kreuzbandriss zu Beginn der vergangenen Saison auf dem Weg zu alter Stärke.
Verzichten muss Löw beim letzten Länderspiel dieses Jahres am 17. November in Göteborg gegen Schweden auf die beiden verletzten Stürmer Miroslav Klose und Stefan Kießling. Klose laboriert an einem Muskelfaserriss, Kießling fällt mit einer Sprunggelenkverletzung weiter raus.
Löw sieht mittelfristig keinen neuen deutschen Top-Torjäger nachrücken. "In der U21, U20 und der U19 sind auch nicht die ganz überragenden Stürmer zu finden", erklärte Löw.
Als "äußerst bedenklich" bezeichnete Fischer die Situation um die deutschen Stürmer. Der Vize-Weltmeister von 1982, der auf dem Fußball-Platz unter anderem für seine Fallrückzieher berüchtigt war, sieht einen Grund für die Torflaute der Angreifer aber auch in dem taktischen System mit nur einer echten Spitze. "Ich persönlich bevorzuge ja ein System mit zwei Stürmern. Allein im Strafraum hat man es als Angreifer nunmal auch schwerer", sagte Fischer, der einst vor allem von den Flanken seines Schalker Teamkollegen Rüdiger Abramczik profitierte.