Ein Weltmeister mit internationaler Erfahrung für ein schwächelndes Talent, dringend benötigtes Geld für die leere Klubkasse: Der Last-Minute-Wechsel von Ozan Kabak zu Shkodran Mustafi soll für den Bundesliga-Tabellenletzten Schalke 04 nicht nur wirtschaftlich Sinn machen. „Natürlich verlieren wir einen hoffnungsvollen, jungen, talentierten Innenverteidiger“, gab Trainer Christian Gross zu, „aber wir kriegen einen ebenso talentierten, mit viel mehr Erfahrung ausgestatteten Innenverteidiger. Das tut uns in der jetzigen Situation sehr gut.“
Ob der 28-jährige Mustafi nach nur 44 Minuten für den FC Arsenal in der Premier League in dieser Saison den brutal abgestürzten Königsblauen im Abstiegskampf entscheidend helfen kann, werden die nächsten Wochen zeigen. Aber schon jetzt ist klar: Mit der Leihe des 20-jährigen Kabak mit Kaufoption an den FC Liverpool haben die Planungen für die zweite Liga begonnen - und der Ausverkauf der Spieler, die noch Geld bringen.
Drei Millionen Euro soll das Leihgeschäft, zwischen 25 und 30 Millionen der spätere Verkauf an die Reds von Jürgen Klopp einbringen. Überlebenswichtig für einen Klub, der mit 240 Millionen Euro Schulden vor dem vierten Abstieg der Vereinsgeschichte steht. Und der einen Kader hat, der für den Europapokal zusammengekauft wurde und für die zweite Liga komplett umgekrempelt werden müsste.
Leistungsträger können ablösefrei gehen
Weil dieses Horrorszenario für den einstigen Champions-League-Stammgast völlig unrealistisch schien, ist bei vielen Spielern die Zweitklassigkeit vertraglich gar nicht vorgesehen. Abwehrchef Salif Sane sowie die (Ex-)Nationalspieler Mark Uth und Suat Serdar könnten bei einem Abstieg ebenso ablösefrei gehen wie der aktuell an die TSG Hoffenheim ausgeliehene Sebastian Rudy.
Mit nennenswerten Transfererlösen könnte Schalke im immer wahrscheinlicheren Fall der Fälle wohl nur für Dribbler Amine Harit rechnen. Immerhin zahlt Juventus Turin im Sommer 18,5 Millionen Euro Ablöse für den derzeit ausgeliehenen Amerikaner Weston McKennie.
Der umstrittene Sportvorstand Jochen Schneider, der Kabak vor anderthalb Jahren für 15 Millionen Euro vom VfB Stuttgart verpflichtet hatte, kündigte am Wochenende an, verstärkt die Planungen für die zweite Liga anzugehen. Den Doppel-Transfer am Montag „verkaufte“ er deshalb vor allem aus finanziellen Gründen, er ergebe „wirtschaftlich extrem viel Sinn“.
Trainer Gross, der im DFB-Pokal-Achtelfinale am Mittwoch (18.30 Uhr/Sport1 und Sky) beim VfL Wolfsburg wegen der vorgeschriebenen Quarantäne noch auf Mustafi verzichten muss, interessieren naturgemäß eher die sportlichen Aspekte. Der Rio-Weltmeister sei aufgrund seiner internationalen Erfahrung „nicht nur ein Ersatz“, er sei „ein topseriöser Spieler, der seine Karriere optimal bestreiten will - auch in Zukunft, er ist noch relativ jung.“
Trotz fehlender Spielpraxis plant Gross sofort zu 100 Prozent mit Mustafi, „er ist fit.“ Sein Debüt soll er, wenn das Gesundheitsamt Gelsenkirchen zustimmt, am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen RB Leipzig geben - und der mit einem oft verunsicherten Kabak wackligen Abwehr mehr Halt.
Mustafi, der nach Stationen in England, Italien und Spanien erstmals in der Bundesliga auflaufen wird, will „eine Führungsrolle auf dem Platz übernehmen“, wie er in einem Interview auf der Schalker Homepage sagte: „Ich hasse es zu verlieren.“ sid