Bei Rot-Weiss Essen läuft es wie geschmiert: RWE steht nach zwölf Spielen (acht Siege, vier Unentschieden) auf Platz eins in der Regionalliga West und darf auch im DFB-Pokal weiter mitmischen. Am 22. oder 23. Dezember 2020 kommt Zweitligist Fortuna Düsseldorf an die Hafenstraße. Nicht zu vergessen: Der Niederrheinpokal-Sieger von 2020 steht auch in der zweiten Runde des diesjährigen Verbandspokals. Der Gegner wird noch ausgelost.
"Wir können echt nicht meckern. Es läuft alles so, wie wir uns das gewünscht und erhofft hatten", freut sich Oguzhan Kefkir über den famosen Start ins Pflichtspieljahr 2020/2021. Der 29-Jährige nennt auch die Gründe für den Erfolgslauf: "Wir funktionieren einfach als Mannschaft sehr, sehr gut. Wir verstehen uns auf und neben dem Platz."
Viel Lob für Trainer Christian Neidhart - Verständnis über Tribünenplatz
Nicht zu vergessen: Christian Neidhart. Der Trainer, der im Sommer in Essen übernahm, ist auch ein ganz wichtiger Faktor für den Erfolg. Das wissen auch die Spieler zu schätzen. "Trainer Christian Neidhart hat seine eigene Art und Weise uns zu führen und das klappt hervorragend. Er spricht viel mit uns und geht auf die Mannschaft ein. Er gibt jedem das Gefühl, dass er dazugehört. Wir brauchen einfach alle. Es wird eine lange Saison. Und die Worte nimmt man dem Trainer auch ab", verrät Kefkir.
Jüngst, beim 2:0-Erfolg in Bergisch Gladbach, nahm Neidhart das erste Mal eine etwas größere Rotation vor. Es erwischte auch Flügelflitzer Kefkir, der auf die Tribüne musste. Bis dahin bestritt er jedes Ligaspiel unter Neidhart von Beginn an. "Ich habe die Pause genutzt. Es war auch so abgemacht und überhaupt kein Problem für mich. Natürlich würde ich am liebsten alle Spiele absolvieren. Aber der Trainer hat mir erklärt, das auch ich meine Kräfte einteilen muss. Zudem haben wir unheimlich gute, frische Jungs auf der Bank", zeigt Kefkir für die Trainer-Entscheidung Verständnis, betont jedoch: "Ich hoffe, dass ich am Samstag gegen Straelen wieder von der ersten Minute an ran darf."
Kefkir ist der Mann für die Flanken und auch langen Einwürfe á la Harald Katemann
Immer wieder appellieren Trainer Neidhart, Vorstand Marcus Uhlig und Sportchef Jörn Nowak an das Wir-Gefühl und das große gemeinsame Ziel: den Aufstieg in die 3. Liga. Die Spieler scheinen dies verinnerlicht zu haben und stellen persönliche Interessen hinten an.
So auch Kefkir, der in der vergangenen Spielzeit mit sieben Toren und sieben Vorlagen noch der erfolgreichste Essener Torschütze war. Aktuell läuft es mäßig für den ehemaligen Uerdinger. Ein Tor und drei Vorlagen stehen zu Buche. "Ganz ehrlich: Das ist mir egal. Hauptsache wir fahren unsere Siege ein und erreichen unser Saisonziel. Dann kann ich von mir aus auch bei einem Treffer bleiben. Ein paar Vorlagen werden auf jeden Fall noch dazu kommen", sagt er und ergänzt: "Wir haben Simon Engelmann. Sein Job ist es, Tore zu schießen und das macht er extrem stark. Ich lege ihm gerne noch viele Dinger auf."
Auffällig in Kefkirs Spiel über Linksaußen sind seine vielen Flanken-Versuche und auch langen Einwürfe á la Harald Katemann (einst Fortuna Düsseldorf) oder Tomasz Hajto (Schalke, Nürnberg und Duisburg). Ein neues Mittel von RWE. "Die langen Einwürfe wünscht sich der Trainer. Und die Dinger bringen ja auch Gefahr. Wir trainieren das im Training. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, es macht auch Spaß", meint Kefkir, der aber dann doch lieber die Flanken per linkem Schlappen bringt. Auch wenn diese zuletzt nicht die präzisesten waren. Kefkir: "Ja, gegen Rödinghausen war das nichts. Da habe ich keinen guten Tag erwischt. Das muss man auch so ehrlich sagen. Ich bin da schon selbstkritisch und weiß, dass ich das in dieser Saison schon besser gemacht habe."
Kefkir vermisst die RWE-Fans
RWE liegt voll auf Kurs - auf Aufstiegskurs. Geht es nach Offensivspieler Kefkir, dann wäre der Vorsprung auf Dortmund vielleicht sogar größer als nur zwei Punkte. Denn die Unterstützung von den Rängen, die den Verein Rot-Weiss Essen auch ausmacht, wie Kefkir sagt, fehlt doch sehr.
"Ich bin mir sicher, dass das noch ein zusätzlicher Push wäre. Ich weiß ja, was hier in Essen abgeht. Wenn du das einmal erlebt hast, dann ist das wie eine Sucht. Ich bin süchtig nach den RWE-Fans und sie fehlen schon sehr", sagt er. Kefkir weiter: "Wir sind Erster. Ich will mir gar nicht ausmalen, was hier gegen Oberhausen oder in den anderen Spielen losgewesen wäre. Oder auch auswärts. Unfassbar. Die Fans würden uns tragen. Aber leider leben wir in solchen Zeiten. Das ist echt bitter."
Kefkirs Zukunft soll in Essen liegen
Am Saisonende läuft der Vertrag des Deutsch-Türken, der in Wuppertal Zuhause ist, aus. Bislang hat er 41 Pflichtspiele (zehn Tore, elf Vorlagen) für RWE absolviert, geht es nach dem verheirateten Kefkir, dann sollen noch etliche Partien im RWE-Trikot hinzukommen. Kefkir: "Ich fühle mich hier pudelwohl. Es passt einfach alles. Trainer, Mannschaft, Verantwortliche, die Entfernung nach Hause: ich könnte hier echt alt werden (lacht)." Am liebsten natürlich mit einer Fortsetzung in der 3. Liga.
Dafür sollte RWE am Samstag auch den SV Straelen besiegen - ob mit oder ohne Kefkir. "Wir müssen aufpassen. In dieser Liga gibt es wirklich keine einfachen Gegner. Die Ergebnisse sind knapp. Klar ist aber auch, dass wir das Spiel gewinnen wollen, um unser großes Ziel nicht zu gefährden", betont "Ötzi", wie er von seinen Mannschaftskollegen genannt wird.