Selbst der eigentlich für seine Zurückhaltung bekannte Lucien Favre verlor die Contenance. Nach dem indiskutablen Auftritt von Borussia Dortmund beim 1:3 (0:2) gegen Lazio Rom verspürte der Fußball-Lehrer wenig Lust, seine Profis in Schutz zu nehmen. „Ich habe heute nicht viel Gutes gesehen“, klagte der Schweizer im ersten Interview bei Sky, „wir waren nicht da und nicht bereit, gemeinsam zu verteidigen. Ich bin sehr enttäuscht.“
Der kapitale Fehlstart des vermeintlichen Gruppenfavoriten in die Champions-League-Saison sorgte bei allen Beteiligten für große Ernüchterung. Obwohl Favre zahlreiche Stars im vergangenen Ligaspiel bei 1899 Hoffenheim (1:0) geschont hatte, mangelte es an Frische, Gegenwehr und Laufbereitschaft.
Ähnlich wie Favre machte auch Sebastian Kehl aus seiner Verärgerung keinen Hehl: „Das war eine desolate Leistung vor allem in der ersten Halbzeit. Es gab nur wenige Spieler, die auch nur annähernd an ihre Leistungsgrenze gekommen sind. So können wir in der Champions League nicht auftreten.“ Zum Leidwesen des Lizenzspielerchefs steht der Revierclub in den kommenden Partien gegen Zenit St. Petersburg (28. Oktober) und beim FC Brügge (4. November) nun mächtig unter Zugzwang. „Wenn wir so weiter auftreten, werden wir es in der Gruppe ganz schwer haben“, orakelte Kehl.
Es passte zum Verlauf eines gebrauchten Abends, dass ausgerechnet der ehemalige Dortmunder Ciro Immobile beim Gegner als Matchwinner gefeiert wurde. Den Treffer zum 1:0 (6. Minute) erzielte der beim BVB nach nur einer Saison im Sommer 2015 ausgemusterte Angreifer selbst, das 3:1 durch Jean-Daniel Akpa-Akpro (76.) bereitete er vor. Dieses Tor des ivorisch-französischen Profis nahm der Borussia nach dem Anschlusstreffer von Erling Haaland (71.) alle Hoffnungen auf Schadensbegrenzung.
Für die Borussia war es nach dem 0:2 bei Inter Mailand, dem 1:3 in Barcelona und dem 0:2 in Paris die saisonübergreifend vierte Champions-League-Niederlage in Serie. Das zeugt von anhaltender fehlender Reife in Stadien potenter internationaler Gegner. „Wir haben die erste Halbzeit komplett verschlafen. Das ist eigentlich unerklärlich und natürlich nicht unser Anspruch. Wir haben heute alles komplett vermissen lassen“, gestand Kapitän Marco Reus.
Der für einen deutschen Vizemeister unwürdige Auftritt in Rom taugte nicht als Einstimmung auf das Duell am Samstag mit dem FC Schalke 04. Mit einer ähnlichen Leistung könnte selbst der seit nunmehr 20 Bundesligaspielen sieglose Erzrivale zur Gefahr werden. „Wir haben am Wochenende das Derby. Da müssen wir uns ganz anders präsentieren“, forderte Kehl. dpa