Mitte der 1980er Jahre. Die Grünen ziehen zum zweiten Mal in den Bundestag ein. Als ganz Deutschland vom Umweltschutz redet, haben Schalkes Fans die Antwort nach dem Erhalt des heimischen Baumbestandes in ihrer einfachen Ruhrgebietslyrik schon gefunden. „Der Wald stirbt - die Tanne steht“, sprayten Anhänger auf ein Bettlaken und hängten es im Mai 1985 zum 521. Bundesligaeinsatz von Klaus Fichtel im Parkstadion auf. Ein Ausdruck der Verneigung vor seiner Lebensleistung. Mit jenem Spiel löste der gebürtige Castrop-Rauxeler den Frankfurter Willi Neuberger als damaligen Rekordhalter ab. „Tanne“, wie er auf Schalke bis heute gerufen wird, war da schon 40 Jahre alt, Co-Trainer, und hatte seine aktive Karriere zum ersten Mal beendet.
Drei Jahre und ein weiteres Comeback später wurde er endgültig zum Mythos. Am 17.2.1988 wurde Klaus Fichtel von Schalke-Trainer Horst Franz angesichts des drohenden Abstiegs vor dem Auswärtsspiel in Bremen anderthalb Jahre nach seinem Abschiedsspiel gegen eine internationale Auswahl noch einmal für elf Partien reaktiviert. Fichtel stellte sich erneut in den Dienst seines Vereins und absolvierte seine Bundesligaspiele 542 bis 552. Den dritten Absturz der Schalker in die Niederrungen der zweiten Liga konnte er nicht verhindern. Was blieb, ist ein Rekord für die Ewigkeit. Nie wieder spielte ein 43-Jähriger Feldspieler in der Bundesliga. Fichtel war bei seinem letzten Spiel für Königsblau genau 43 Jahre, sechs Monate und zwei Tage alt.
Heute ist der in Waltrop lebende Fichtel 75 Jahre alt und steht immer noch für die S04-Traditionsmannschaft auf dem Trainingsplatz. Bis vor wenigen Jahren hat er auch noch selbst mitgekickt. Lange Zeit war er als Scout für S04 aktiv und ist den Knappen bis heute eng verbunden.
Nachdem er zu seinem 75. Geburtstag im vergangenen November noch hoch erfreut war, dass die Mannschaft unter Trainer David Wagner eine so gute Entwicklung genommen hat, ist er jetzt nur noch erleichtert, dass die Saison bald vorbei ist. „Schalke kann froh sein, dass sie in dieser Saison in der ersten Serie so viele Punkte geholt haben. Da haben sie auch ganz ordentlich gespielt. Aber nach der Corona-Zeit hatten sie sehr, sehr viele Verletzte und mussten immer wieder die Mannschaft umstellen. Da ist der Rhythmus ein bisschen verloren gegangen“ analysierte Fichtel bei Arnd Zeigler zu später Stunde am Sonntagabend am Telefon. „Und vor allen Dingen haben sich die Gegner, die gegen Schalke gespielt haben, hinten reingestellt und Schalke hatte nicht die Leute, um das Spiel für die Stürmer gut nach vorne zu tragen.“
Ein Auftrag an die S04-Bosse, milde verpackt.