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Der „Traumhüter“ Lars Leese im Gespräch
Zwischen Barnsley und Bergisch Gladbach

Der „Traumhüter“ Lars Leese im Gespräch
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Als ich von der A1 an der Abfahrt Burscheid herunterfahre, verlasse ich das vertraute Terrain. Es geht hoch und runter durch das bergische Land. Neben den Straßen liegt der erste Schnee. An den Ortseingängen weisen große Schilder der Karnevalsgesellschaften auf die „Sessions-Zeiten“ hin, daneben, kleiner und zierlicher, stehen die Tafeln mit den Zeiten der Gottesdienste und der Heiligen Messe. Gottesdienst und Karneval? Willkommen im Rheinischen!

Die Auffassung der Fans klingt sehr traditionell, dabei sind die englischen Vereine extrem kommerzialisiert.

Das stimmt, aber irgendwie greift es die Fans in ihrer Vereinstreue nicht an. Manchmal scheint es mir, als ob dort die Menschen einen Fanschal von Liverpool oder ManU in die Wiege gelegt bekommen, dem sie dann ein Leben lang folgen. Ob nun eine Aktiengesellschaft oder ein Saudi den Verein führt, das ist ihnen letztlich egal. Die Vereinsfarben müssen die gleichen bleiben, das Wappen muss erkennbar sein, und dann kann die Engländer in ihrer Fußball-Leidenschaft nichts mehr erschüttern. Zum Beispiel wird heutzutage die Premier League exklusiv von Sky-Channel vermarktet und auf BBC laufen abends um elf Uhr Ausschnitte von nur drei Spielen. Die Fernsehvermarktung ist also im Land der Traditionalisten viel extremer als hier in Deutschland, aber es regt sich fast niemand mehr darüber auf.

Aber es gibt auch Gegenbewegungen bei den Fans…

Okay, der von Fans im Sommer 2005 gegründete Verein FC United of Manchester, eine Bewegung gegen die Übernahme der Red Devils durch den amerikanischen Millionär Malcolm Glazer, spielt heute in der achthöchsten Spielklasse und hat 3.000 Zuschauer im Schnitt. Davon können wir in Bergisch Gladbach nur träumen, aber trotzdem müssen wir nicht über ManU diskutieren. Die werden in den nächsten 50 Jahren das Stadion immer voll haben. Die Stadionauslastung in der Premier League liegt nahezu bei einhundert Prozent. Die Menschen leben den Fußball einfach brutal. Damit meine ich nicht die Gewalt und die Hooligans, ein Problem, das es ja zur Genüge gab, sondern „brutal“ im Sinne von einem großen Herz und ungeheuer leidenschaftlich. Das spürt man als Spieler in jeder Sekunde, in der man auf dem Rasen steht.

Ihre Spiele in England liegen nun zehn Jahre zurück. Schauen Sie ab und an selbst in das Buch, um sich zu erinnern, wie es eigentlich war?

Es ist tatsächlich so, dass die Erinnerung immer mehr verblasst. Von meinen Videos mit den Spielausschnitten ist mittlerweile schon eins zerrissen, weil ich es mir so oft angeguckt habe oder Freunden vorführen durfte - wie auch immer. Wenn ich heute im Fernsehen eine Partie der Champions League an der Anfield Road sehe, wie die Spieler unter dem Gesang von „You never walk alone“ einlaufen, und daran denke, dass ich das selbst erlebt habe, dann muss ich feststellen: Die eineinhalb Stunden, die ich dort auf dem Rasen verbringen durfte, waren definitiv zu kurz, um eine lebenslange Erinnerung zu prägen. Den ideellen Wert behält man, aber letztendlich kann ich mir heute kaum noch vorstellen, dass ich dort vor zehn Jahren selbst gespielt habe.

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