In der Veltins-Arena wird gerade umgebaut. Aus der Nordkurve werden die Sitzschalen entfernt, zum Zweitliga-Heimspiel des FC Schalke 04 gegen Hannover 96 (Samstag, 13.30 Uhr/Sky) können S04-Fans wieder stehen, knapp 47.000 Tickets können verkauft werden. Es sind kleinere Bausteine wie diese, die Schalke auf dem Weg zu einem Abbau der Finanzverbindlichkeiten helfen. Am Dienstagmittag stellten die Königsblauen den Konzernabschlussbericht 2021 vor. "Wir sind auf dem richtigen Weg", sagte Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers.
Trotz des Abstiegs, trotz der Corona-Pandemie, reduzierte Schalke die Gesamtverbindlichkeiten um 33,5 Millionen Euro - von 217 auf 183,5 Millionen Euro. Das heißt aber nicht, dass alle Zahlen nur positiv sind. Die Gewinn- und Verlustrechnung, die mit dem Abschlussbericht wenig Übereinstimmung hat, weil sie etliche Abschreibungen enthält, beinhaltet einen Fehlbetrag von etwa 17,8 Millionen Euro. Schalke hat aktuell kein Eigenkapital, das war schon anders. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag beträgt etwa 88,8 Millionen Euro.
Finanzberichte sind immer kompliziert, im Fall Schalke ist die Planung sogar auf einer Stufe für Fortgeschrittene. Die Königsblauen wissen nicht, in welcher Liga sie in der kommenden Saison spielen. Durch die noch nicht überstandene Corona-Pandemie ist unklar, wann wie viele Zuschauer die Heimspiele besuchen dürfen - oder ob außersportliche Veranstaltungen in der Arena stattfinden können. Und durch die Kündigung des Vertrages mit Ex-Hauptsponsor Gazprom fehlen akut weitere Millionen, die Schalke durch neue Sponsorenabschlüsse beheben will.
Doch was kann Rühl-Hamers konkret sagen? Zum Beispiel, wie es gelungen ist, die Finanzverbindlichkeiten zu senken. "Unsere Maßnahmen greifen", sagt sie und betont: "Im erfolgreichen Kaderumbau lag aus meiner Sicht der Schlüssel zur Bewältigung der finanziellen Herausforderungen." Im Sommer 2021 reduzierte die sportliche Leitung um Sportvorstand Peter Knäbel und Sportdirektor Rouven Schröder den Personaletat der Profimannschaft von 80 auf 20 Millionen Euro. Auf das Geschäftsjahr gesehen sanken die Kosten 2021 im Vergleich zu 2020 von etwa 111 Millionen Euro um knapp 23 Millionen auf 88,2 Millionen Euro.
Rühl-Hamers: "Unsere Maßnahmen greifen"
Weitere positive Effekte: Die Schalker erhielten vom Bund eine Corona-Überbrückungshilfe in einstelliger Millionenhöhe - eine Hilfe, die nicht zurückbezahlt werden muss. Auf dem Transfermarkt erwirtschaftete Schalke im Jahr 2021 38,9 Millionen Euro - das ist vor allem auf den Verkauf von Weston McKennie an Juventus Turin sowie die Transfers von Suat Serdar (Hertha BSC), Benito Raman (RSC Anderlecht) und Matthew Hoppe (RCD Mallorca) zurückzuführen.
Und der Verkauf einer Esports-Lizenz brachte 26,5 Millionen Euro - auch das: ein Sondereffekt. Auch der Stopp des Bauprojekts "Berger Feld" spielt eine Rolle beim Abbau der Verbindlichkeiten. Die Anzahl der Festangestellten inklusive Spielerkader sank aus diversen Gründen im Jahresvergleich 2021/2020 von durchschnittlich 570 pro Quartal auf 541. Betriebsbedingte Kündigungen waren dafür nicht nötig.
Das alles beruhigt Schalke aktuell - doch die finanzielle Situation nachhaltig zu verbessern, ist ein langfristiges Projekt. "Wir arbeiten seit zwei Jahren maßgeblich liquiditätsorientiert. Das hat zur Folge, dass sich einige Kennzahlen wie zum Beispiel das Eigenkapital noch nicht oder nur langsam positiv entwickeln", sagte Rühl-Hamers. Und große Brocken muss sie noch bewältigen: Jedes Jahr zusätzlich in der Zweiten Liga erschwert durch geringe mediale Erlöse die Planung. Im Juli 2023 wird eine Anleihe in Höhe von 34,1 Millionen Euro fällig - schon jetzt zeichnen die Schalker eine neue Anleihe, um sie wenigstens teilweise zu refinanzieren. Und im Juli kehren möglicherweise Ozan Kabak (ausgeliehen an Norwich City) und Amine Harit (Olympique Marseille) zurück - ausgestattet mit Maxi-Gehalt. Der Umbau des Kaders ist noch nicht abgeschlossen. Für zurückliegende Transfers von Spielern, die längst nicht mehr das Schalke-Trikot tragen, sind noch 10,4 Millionen Euro fällig.
Sollte alles gegen Schalke laufen, gibt es aber noch ein paar finanzielle Asse im Ärmel - noch hält S04 zum Beispiele die Marketing- und Cateringrechte. In größter Not könnten diese für eine hohe Summe veräußert werden. Im Konzernbericht heißt es: "Die stillen Reserven verschaffen Schalke 04 in der aktuellen Situation Handlungsoptionen."