Ans lästigste Spiel des Jahres verschwendete Mats Hummels keinen Gedanken. In einer bemerkenswerten Selbstgeißelung listete der Abwehrchef von Borussia Dortmund bei Instagram seine bitteren Fehler im Topspiel gegen Bayern München auf - schonungslos und neben einem Foto, auf dem er bedröppelt im Regen steht. Kein Wort zur Champions League. Warum auch?
Nicht nur für den Innenverteidiger ist das Duell mit Besiktas Istanbul am Dienstag (21.00 Uhr/Amazon Prime) weitgehend bedeutungslos. Es dient höchstens als Wiederaufrichtungshilfe nach dem niederschmetternden 2:3 gegen die Bayern, bei dem Hummels vor einem Millionenpublikum und vor Bundestrainer Hansi Flick einen rabenschwarzen Abend erlebte.
„Ein extrem gebrauchter Tag“ sei es für ihn gewesen, schrieb der 32-Jährige: „Erst der dicke Fehler vor dem 1:1 und dann noch sehr unglücklich den Elfer verursacht.“ Überdies: Ein schmerzhafter Unterleibstreffer vor dem zweiten Gegentor. „Keine Ahnung, wie man mir beim 1:2 was zulasten legen möchte!?“ Das tat auch niemand ernsthaft.
Doch viele Kritiker haben auf ein solches Spiel, nicht das erste in dieser Saison, gewartet. Karl-Heinz Rummenigge analysierte es für Bild TV: „Es ist bekannt, dass Mats Probleme hat, wenn er in Laufduelle gehen muss – das ist dem Alter geschuldet. Wenn das Spiel auf ihn zukommt und er in der Box steht, dann ist er noch gut.“
Es ist eine Diskussion, die blitzschnell auf die Nationalmannschaft überschlägt. In jener war Hummels länger nicht zu sehen - wegen anhaltender Knieprobleme braucht der Routinier mehr Pausen, was er stets mit Flick abgesprochen hatte.
1990er-Weltmeister Jürgen Kohler meint dazu: Es ist an der Zeit, aufzuhören. Hummels solle sich eingestehen, „nicht immer Höchstleistung abrufen zu können. Da muss man ehrlich zu sich sein und sagen: Das mit der Nationalmannschaft hat sich erledigt“, sagte der frühere BVB-Abwehrspieler. Dietmar Hamann bezog dies auch auf den Klub: „Über kurz oder lang brauchen sie einen zweiten Innenverteidiger.“
Mit 30,2 km/h wurde Hummels' Höchstgeschwindigkeit am Samstag gemessen. Vier km/h weniger als sein Nebenmann Manuel Akanji, sechs weniger als Bayerns Außenbahnrakete Alphonso Davies. „Ich hätte der Mannschaft gerne geholfen, das ist mir leider nicht gelungen“, schrieb Hummels. Trainer Marco Rose bezeichnete ihn zufrieden als „sehr reflektiert“, womöglich werde er „um die Goldene Ananas“ (Stürmer Steffen Tigges) direkt wieder spielen.
Hummels sieht auch keinen Grund, sich zu verstecken. „Als Sportler definiert man sich vor allem darüber, wie man auf (solche) Misserfolge reagiert!“, schloss er kämpferisch. „Wir sprechen uns alle sehr bald wieder.“
Der BVB ist ausgeschieden, der Abstieg in die Europa League ist jedoch sicher. Woher soll die Lust kommen? „Die Siegprämie ist auch ein Teil der Motivation“, sagte Lizenzspieler-Leiter Sebastian Kehl.
Immerhin könnte mit den 2,8 Millionen Euro der Schmerz fehlender Achtelfinal-Einnahmen gelindert werden. Vereinschef Hans-Joachim Watzke fordert bereits den Europa-League-Sieg.