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Interview mit dem ehemaligen Sturmungeheuer Dieter Schatzschneider
„Damals war ich ein Arsch“

Interview mit dem ehemaligen Sturmungeheuer Dieter Schatzschneider
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Anfang der 80er galt Dieter Schatzschneider als das Stürmer-Ungeheuer der Zukunft. Doch plötzlich erlosch sein Wille. Wie kam das? Wir sprachen mit ihm über den inneren Schweinehund, selbstgestochene Tattoos und Ärger mit der Polizei. Herr Schatzschneider, Sie sind in Vahrenheide aufgewachsen, einem eher unsympathischen Stadtteil Hannovers.

Vom HSV gingen Sie zu Schalke 04. Da klappte dann so gut wie gar nichts mehr.

Ich hatte die Hoffnung, dass Didi Ferner, der dort als Trainer angefangen hatte, mich noch einmal aufbaut. Aber dann habe ich gemerkt, dass mein persönlicher Abstieg begann – Verletzungen, nicht erkannte Verletzungen, Schmerzen. Hinzu kam, dass es in Schalke keinen Mittelweg gibt: Entweder du bist klasse, oder du bist ein Nichts.

Sie waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal 30 Jahre alt.

Ich hatte den Biss nicht mehr. Und den hätte ich für meine Spielweise gebraucht. Dann war Schicht im Schacht. Also habe ich aufgehört.

Hatten Sie zu lange gegen Ihren inneren Schweinehund angekämpft?

Ich hatte gerade auf Schalke zu viele harte Verletzungen. Bei der ersten Verletzung fängst du bei null an, bei der zweiten schon bei minus 20 und bei der dritten bei minus hundert – musst aber wieder auf plus hundert kommen. Das ist so ein weiter Weg, und irgendwann bist du mürbe.

Vermissen Sie den aktiven Fußball heute?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin ja immer noch im Fußball drin. Ich bin ein Super-Fan von 96 und lebe nach wie vor für den Fußball. Ich wäre ja bescheuert, wenn ich mich mit irgendetwas beschäftigen würde, wovon ich keine Ahnung habe!

Erkennt man Sie noch im Stadion?

Die 30- bis 50-Jährigen wissen schon noch, wo sie mich hinpacken müssen. Aber der Fußball ist schnelllebig geworden: Früher hieß der Torjäger Schatzschneider, heute heißt er Hanke. Aber damit habe ich keine Probleme. Ich bin kein Psycho-Typ, der die ständige Bestätigung braucht, dass er mal ein guter Fußballer war. Vom Vahrenheider Straßenkämpfer zum friedfertigen Pensionär?

In der Tat: Ich habe meinen Frieden gefunden. Das war ein langer Prozess. Ich bin heute absolut glücklich – zwar mit zuviel Gewicht, 140 Kilo sind eindeutig zu viel – aber wirklich absolut glücklich! Ich wüsste nicht, was man mir geben könnte, damit mein Leben noch vollkommener sein könnte. Haben Sie das dem Fußball zu verdanken?

Ja! Nicht nur aufgrund des Geldes, sondern vor allem auch wegen der Leute, denen ich begegnet bin.

Würden Typen wie Sie und die, denen Sie begegnet sind, in der heutigen Fußballwelt noch ein Bein an die Erde bekommen?

Absolut! Und der Fußball braucht sie auch. Dafür plädiere ich! Wir brauchen keine 08-15-Typen! Der, der um 20 Uhr schlafen geht, der jedes Interview noch mal gegenlesen will, der haut den Ball garantiert nicht in den Winkel. Wenn ich höre, was Sebastian Deisler neulich gesagt hat – dass er in seiner aktiven Zeit nicht die Chance hatte, erwachsen zu werden –, dann kann ich nur sagen: Deisler, wer will das schon? Wenn du es schaffst, mit 70 noch ein Kind zu sein, dann hast du gut gelebt.

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