Uli Hoeneß, können Sie schon begreifen, was passiert ist?
Das ist ein Drama, unfassbar. Ich habe überhaupt noch keine Orientierung und keine Erklärung. Ich muss das erst ein, zwei Tage sacken lassen. Ich habe noch zu viele Eindrücke in mir.
Fühlen Sie sich an 1999 erinnert?
Das war sicher ähnlich wie in Barcelona. Aber da hatten wir am Schluss nichts mehr entgegenzusetzen. Diesmal war das anders. Wir waren über 120 Minuten besser, Chelsea hatte eigentlich keine Torchance - und dann so etwas. Eigentlich fühlt man sich gar nicht als Verlierer. Chelsea weiß doch jetzt noch nicht, warum sie gewonnen haben. Aber wie heißt es: The winner takes it all.
Dabei hatte Ihr Team drei Matchbälle...
Wir gehen zu einem idealen Zeitpunkt in Führung - bekommen den Ausgleich. Wir verschießen einen Elfmeter, kommen aber wieder zurück und legen im Elfmeterschießen dann wieder vor... (Hoeneß schüttelt ständig den Kopf). Das ist unglaublich. Aber Elfmeterschießen ist auch Glückssache. Ich habe selbst mal einen wichtigen Elfmeter verschossen.
In der Verlängerung hat Arjen Robben wie schon in Dortmund nicht getroffen. Warum war er wieder der Schütze?
Wenn er als Schütze Nummer eins festgelegt ist, dann schießt er eben. Im Pokalfinale hatte er souverän verwandelt. Vielleicht ist er durch die Unterbrechung, weil Franck (Ribéry, d.Red.) drei, vier Minuten behandelt wurde, aus dem Rhythmus gekommen.
Können Sie Ihrer Mannschaft nach so einer unglücklichen Niederlage etwas vorwerfen?
Wenn man so viele Chancen hat in so einem Spiel, dann muss man den Sack auch zumachen. Ich habe schon ein paar Dinge gesehen, die mir nicht gefallen haben. Aber ich werde jetzt keine Mannschaftskritik machen.
Der FC Bayern steht ohne Titel da. Wie fällt nach diesem Nackenschlag Ihr Saisonfazit aus?
Es ist eine gute, eine ordentliche Saison gewesen. Aber man kann nicht sagen, es ist alles in Ordnung, wenn man drei Titel verspielt. Dann hat man gewisse Probleme. Das kann einmal passieren, zweimal, aber dreimal? Vielleicht muss man sich fragen, warum das passiert ist.
Haben Sie dafür schon eine Erklärung?
Vielleicht haben wir nicht genug Spieler, die so etwas erzwingen wollen. Ich habe keinen Jens Jeremies gesehen, der dem Gegner schon beim Einlaufen in die Waden beißt.
Ist die Mannschaft in der Lage, so einen Rückschlag wegzustecken?
An so einem Abend möchte ich keine positiven oder negativen Prognosen aufstellen. Wir müssen das erst einmal sacken lassen und in Ruhe analysieren. Aber auf Dauer habe ich keine Lust auf Platz zwei. Das ist kein Zustand, den ich akzeptiere.
Die Mannschaft muss am Dienstag gegen die Niederlande schon wieder ran. Wie sehen Sie dieses Spiel in der jetzigen Situation?
Darüber mache ich mir jetzt überhaupt noch keine Gedanken. Wenn wir gewonnen hätten, wäre es ein schöner Abschluss geworden. Aber so...