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Schwenken im Interview
„Wir gehen ein wirtschaftliches Risiko ein“

VfL: Finanzvorstand Schwenken im Interview
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Seit Samstag 17.19 Uhr ist es perfekt. Der VfL Bochum ist zum sechsten Mal abgestiegen. Im Interview äußert sich Ansgar Schwenken über die wirtschaftliche Situation.

Für die Verantwortlichen gilt es, die Scherben einer verkorksten Saison wegzufegen.

Finanzvorstand Ansgar Schwenken trifft der vierte Abstieg unter seiner Tätigkeit beim VfL allerdings nicht unerwartet. Denn, dem Lizenzierungsverfahren sei dank, die Planzahlen für die Zweitliga-Saison 2010/2011 liegen in der Schublade. Diese umzusetzen und mit Leben zu füllen, das wird in den nächsten Tagen und Wochen allerdings ein schwieriges Unterfangen. Eine halbe Woche nach dem Abstieg sprach RS mit dem „Herr der Zahlen“ über die derzeitige wirtschaftliche Situation des Klubs und über die Zukunft.

Herr Schwenken, war der sechste Abstieg nur ein Betriebsunfall?

Ganz gewiss nicht. Er war vollkommen verdient und gipfelte in einer katastrophalen Leistung im letzten Drittel der Saison. Wenn eine Mannschaft nur im Mitteldrittel einer Spielzeit funktioniert, dann stellt sich die Frage nach einem gerechten Saisonverlauf nicht mehr.


War die Qualität nicht ausreichend?

Der Hauptgrund für den Abstieg ist, dass es im Team nicht einen gab, der über die gesamte Saison seine vorhandene Qualität abgerufen hat. Das müssen wir noch hinterfragen. Das zu erklären ist nicht einfach. Es ist mir zu billig wenn versucht wird, die gesamte Verantwortung dafür den Trainern anzulasten. Man hat weder Marcel Koller noch Heiko Herrlich unterstützt und hat auch die Interimslösungen Frank Heinemann und Dariusz Wosz stehen gelassen. Ich denke da an das Spiel in Dortmund und das letzte gegen Hannover.

Herr Schwenken, konkret, was kostet der Abstieg dem VfL?

Heiko Herrlich musste noch vor dem Saisonende gehen (Foto: firo).

Wir haben 16 Millionen Mindereinnahmen, müssen dadurch den Etat von 38 Millionen auf 22 reduzieren. Aufschlüsseln lassen sich die Millionen in neuneinhalb Millionen Mindereinnahmen bei den TV-Einnahmen, zweieinhalb werden bei den Spieleinnahmen fehlen und vier Millionen bei den Sponsorengeldern.

Bei der letzten Hauptversammlung im vergangenen Sommer hatte der VfL nur noch 125.000 Euro Verbindlichkeiten, wie sieht es momentan aus?

Nun, durch den Trainerwechsel zu Heiko Herrlich und den damit verbundenen Kosten sind sicherlich einige dazugekommen.

Man spricht von einer Million Euro.

Das kann ich vor der nächsten Hauptversammlung nicht bestätigen, aber ich werde das auch nicht dementieren.

Kann man sagen, dass der Abstieg den VfL wirtschaftlich um mehrere Jahre zurückwirft?

Das steht völlig außer Frage, denn bei einem Klassenerhalt wären wir nahezu schuldenfrei gewesen.

Hinzu kommt, dass der Umbau des Stadions den VfL zusätzlich belastet. So dürften sich die Kosten für die Stadionnutzung, Abzahlung der Stadion-Center-Erweiterung auf jährlich rund 2,5 Millionen Euro belaufen.

Diese Zahlen möchte ich nicht bestätigen. Klar ist aber, dass die Finanzierung der Erweiterung der rewirpower-Lounge logischerweise auf den Verkauf der zusätzlichen 500 Sitzplätze ausgelegt ist. Statt 800 Plätze haben wir dann 1.300. Die zu vermarkten ist ein höchst anspruchsvolles Unterfangen. Das wäre in der ersten Liga sicherlich sofort zu vermarkten, in der zweiten Liga ist das eine große Herausforderung.


Wo steht der VfL im deutschen Fußball bei realistischer Betrachtung?

Es gibt infrastrukturelle Erhebungen, da liegt der VfL was das Interesse der Fans und Sponsoren angeht in Deutschland zwischen Platz 12 und 24. Da 18 Klubs in der ersten Liga spielen ist es klar, dass wir da wieder hin wollen. Natürlich werden wir unser Saisonziel erst formieren können, wenn wir einen neuen Trainer haben und wenn der endgültige Kader für die neue Saison feststeht. Aber klar ist, dass wir unsere Zukunft in der ersten Liga sehen.

16 Millionen einzusparen, wie geht das?

Nun, wir werden zum Beispiel die Personalkosten drastisch senken. War der Personaletat für die abgelaufene Spielzeit bei 18 Millionen Euro, so ist er in der kommenden Spielzeit mit 9,5 Millionen fast um die Hälfte reduziert.

Machen die Spieler das denn überhaupt mit?

Dazu sind sie aufgrund ihrer unterschriebenen Verträge verpflichtet. Alle Spieler haben einen Vertrag, in dem sie sich bereit erklärt haben, bei einem Abstieg zu deutlichen reduzierten Verträgen zu spielen.

Für wen gilt das nicht?

Der Vertrag von Joel Epalle ist ausgelaufen (Foto: firo).

Für René Renno und Diego Klimowicz, die wir bereits verabschiedet haben, für Lewis Holtby, der zurück zum FC Schalke wechselt, sowie für Joel Epallé und Vahid Hashemian, deren Verträge ebenso auslaufen.

Steht der 22-Millionen-Etat auf sicheren Füßen?

Nein. Wenn wir einen aufstiegsfähigen Kader zusammenstellen wollen, dann werden wir nicht umhinkommen, wieder einmal ins wirtschaftliche Risiko zu gehen. Deshalb sind wir bereit, einen maßvollen Verlust in Kauf zu nehmen um unser Ziel zu erreichen.

Gibt es für die Mitarbeiter der Geschäftsstelle und der Jugend- sowie Amateurabteilung so etwas wie eine Jobgarantie?

Wir werden in der nächsten Saison keine Veränderung vornehmen.

Wie wird sich der Kader verändern?

Nun, ich denke, dass das Gerippe für die zweite Liga steht. Dagegen glaube ich, dass es im Mittelfeld und im Angriff Veränderungen geben kann. So ist es durchaus möglich, dass zum Beispiel Stanislav Sestak oder Zlatko Dedic nach einer erfolgreichen WM-Teilnahme den Klub verlassen möchten. Auf solche Gespräche sind wir vorbereitet, aber wir stehen nicht unter Verkaufsdruck, würden uns aber die Angebote anhören.

Herr Schwenken, was schmerzt Sie bei diesem Abstieg am meisten?

Dass sich die Mannschaft unter vier Trainern immer wieder Alibis geholt hat für die nichterbrachten Leistungen auf dem Rasen. Ich bin nach wie vor felsenfest davon überzeugt, dass dieser Abstieg vermeidbar war. Letztlich hätten zwei Heimsiege mehr schon gereicht um den Abstieg zu verhindern.

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