Artur Wichniarek wurde gellend ausgepfiffen, Manager Michael Preetz immer wieder unterbrochen und Präsident Werner Gegenbauer lautstark kritisiert: Der stark abstiegsgefährdete Bundesligist Hertha BSC Berlin stand am Montagabend bei der halbjährlichen Mitgliederversammlung auf allen Ebenen im Kreuzfeuer der Kritik. "Hertha durchlebt wahrscheinlich die größte sportliche Krise seit dem Aufstieg in die Bundesliga. Viele haben uns schon abgeschrieben. Für mich ist Aufgeben aber ein Tabu", sagte Preetz, der immer wieder von polemischen Zwischenrufen unterbrochen wurde. "Wir könnten heulen über die Situation, in der wir uns befinden", sagte Gegenbauer. Angesichts der Talfahrt in der Bundesliga mit fünf Punkten aus 14 Spielen hatten schon vor der Versammlung einige Hertha-Mitglieder den Führungsstil von Gegenbauer und Co. öffentlich kritisiert sowie der Vereinsführung Fehler im personellen Bereich angelastet. Das Tabellenschlusslicht hat nach dem 1:3 am Samstag gegen Eintracht Frankfurt schon sieben Punkte Rückstand auf das rettende Ufer. Die Mannschaft und Trainer Friedhelm Funkel wurden dementsprechend von den 1924 anwesenden Mitgliedern mit einem gellenden Pfeifkonzert bedacht.
Artur Wichniarek (Foto: firo).
Besonders laut wurden die Pfiffe für den erfolglosen Stürmer Wichniarek. Der polnische Neuzugang hat in dieser Bundesliga-Saison noch nicht getroffen. "Wenn sie unsere Unterstützung haben wollen, müssen sie dafür sorgen, dass die Mannschaft ihren Arsch bewegt", sagte ein Mitglied in Richtung der sportlichen Leitung. "Es macht keinen Sinn, wenn wir uns zerfleischen. Wir müssen zusammenhalten", sagte Preetz an die Anhänger und kündigte an, dass sich die Spieler "mit der Fahne auf der Brust" wehren werden: "Wir Herthaner stehen immer wieder auf. Und wir werden es auch diesmal tun. Sieben Punkte sind aufzuholen. Wir können es noch immer schaffen." Am Ende seiner Rede erntete Preetz Applaus. Der Aufsichtsrats-Vorsitzende Bernd Schiphorst forderte 100 Prozent Konzentration für den Kampf um den Klassenerhalt. "Wir wollen nicht absteigen und wir dürfen nicht absteigen: Zweite Liga ist Mist, sogar ganz großer Mist." Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller präsentierte bei der Versammlung die wirtschaftliche Bilanz der Vorsaison. Dass Hertha in der vergangenen Saison trotz eines vierten Platzes und eines Rekordumsatzes von 85,9 Millionen Euro ein Minus von 1,9 Millionen Euro erwirtschaftete, heizte die negative Stimmung bei den Mitgliedern zusätzlich an. Schließlich stiegen die Verbindlichkeiten der Berliner auf 33 Millionen Euro. Auch in der laufenden Saison wird sich die sportliche Talfahrt aufgrund geringerer TV-Einnahmen finanziell bemerkbar machen. "Wir befinden uns in einer stabilen Verfassung. Ich bin überzeugt, dass der 2005 eingeschlagene Weg alternativlos und richtig ist", sagte Schiller.