KFC Uerdingen

Maouels Traum wurde zum Albtraum

Von diesen Geschichten gibt es etliche: Da wechselt ein Regionalligaspieler ins Ausland und die Vereinbarungen mit dem neuen Klub erweisen sich im Nachhinein als leere Versprechen. Nach wenigen Monaten ist der Spieler wieder zurück in Deutschland. Abdelkader Maouel hat so ein Geschichte am eigenen Leibe erfahren.

Im Sommer 2014 wechselte der 26-jährige Maouel von den Sportfreunden Siegen zum NFC Orlandina. Ein Verein, der in der vierten italienischen Liga spielt und große Pläne schmiedete – zumindest noch im letzten Sommer.

Am wunderschönen Capo d’Orlando, einer Kleinstadt mit rund 13.000 Einwohnern der Provinz Messina in der Region Sizilien, setzte sich der Politiker Massimo Romagnoli zum Ziel, den NFC Orlandina in den italienischen Profifußball zu führen. In drei, vier Jahren sollten die Sizilianer in der Serie B spielen. „Unser Präsident war der vierte Mann hinter Silvio Berlusconi. Herr Romagnoli ist ein mächtiger Mann in der italienischen Politik. Die Gespräche mit ihm waren hervorragend. Ich habe mich auch gut mit ihm verstanden. Nach Siegen suchte ich eine neue, etwas andere Herausforderung, da kam das Projekt NFC Orlandina gerade recht“, erzählt Maouel.

Romagnoli holte sich eine Deutschland-erfahrene Kolonie nach Capo d’Orlando. Neben Trainer Viktor Pasulko, der zwischen 1990 und 1996 über 200 Profispiele für Fortuna Köln und Eintracht Braunschweig bestritt, heuerten auch Kevin Reuter (einst Viktoria Köln), Marco Quotschalla (u.a. FC Schalke 04 II, Wuppertaler SV), Baldo di Gregorio (u.a. Rot Weiss Ahlen, Arminia Bielefeld) und Tim Oliver-Hiemer (Borussia Mönchengladbach U19) in Italien an. Zu Beginn schien der Wechsel der „Deutschen“ ans Mittelmeer wie ein Sechser im Lotto zu sein. „Ich habe in einem Hotel-Resort einen Bungalow bezogen und ich konnte das All-Inclusive-Paket in Anspruch nehmen. Das war schon nicht schlecht. Zudem gibt es mit Sicherheit schlechtere Orte auf der Welt, um seinem Job nachzugehen. Die Lage von Capo d’Orlando ist traumhaft: direkt am Meer, mit einer malerischen Altstadt. Die ganze Umgebung war wirklich wunderschön“, sinniert Maouel.

Letztendlich wurde der Traum von Capo d’Orlando zu einem Albtraum. Nach drei Unentschieden zum Start musste Coach Pasulko bereits seinen Hut nehmen. „Wir waren alle geschockt. Wir haben doch nur drei Mal unentschieden gespielt. Die Mannschaft war nach der Entscheidung fassungslos“, erinnert sich der Offensiv-Allrounder.

Die Schockstarre sollte noch länger anhalten. Denn die unterschriebenen Verträge und vereinbarten Gehälter sollten sich als belangloses Papier erweisen. „Ich habe nie mein volles Gehalt erhalten. Immer nur kleine Teile“, sagt Maouel. Nach dreieinhalb Monaten suchte der ehemalige Kölner Fortune das Weite und kehrte in seine Heimatstadt Köln zurück. Maouel erklärt: „Am Ende musste ich sogar noch aus eigener Tasche leben. Vom versprochenen Gehalt war nichts zu sehen. Immerhin wurde der Bungalow bezahlt, so dass ich mich auf Vereinskosten ernähren konnte.“

Mittlerweile ist Romagnolis Projekt nach nur wenigen Monaten gescheitert und der Politiker zog sich aus dem Verein zurück. Neben Maouel verließen zur Winterpause auch alle anderen Legionäre den NFC Orlandina und der Klub backt wieder kleine Brötchen – in Italiens vierter Spielklasse ohne jegliche Ambitionen auf den Profifußball.

Doch nach dem Projekt ist vor dem Projekt: So könnte Maouels Wechsel zum KFC Uerdingen beschrieben werden. Die Krefelder haben in der Winterpause einen Schnitt vollzogen und altgedienten Stars wie Issa Issa, Moses Lamidi oder Assimiou Touré den Laufpass gegeben. An der Grotenburg setzen die Verantwortlichen in Zukunft auf junge Talente aus den Bundesliga-Nachwuchsmannschaften, die nicht sofort nach dem Verdienst fragen, sondern sich in der Regionalliga beweisen wollen.

Oder auf Regionalliga-erfahrene Spieler wie Maouel – 84 Spiele, 18 Tore – die sich nach einer schlechten Zeit wieder in Erinnerung bringen wollen. „Genau das ist mein Ziel. Ich musste bei der Vertragsunterschrift in Uerdingen große finanzielle Abstriche machen. Das war mir aber auch egal. Ich will unbedingt wieder in der Regionalliga spielen und meine guten Leistungen aus der Vergangenheit zeigen. Der KFC bietet mir dafür die Chance und hat zudem noch als Traditionsverein mit einigen Fans ein ganz besonderes Flair. Ich freue mich unheimlich auf diese Aufgabe“, betont Maouel.

Murat Salar, Cheftrainer der Blau-Roten, ist über die Verpflichtung des einstigen Italien-Legionärs ebenfalls hocherfreut: „Mit Abdelkader haben wir einen Spieler dazubekommen, der schon seine Klasse in der Liga bewiesen hat. Er ist in der Offensive flexibel einsetzbar und kann den Unterschied ausmachen. Ich bin mir sicher, dass er zu seiner alten Stärke zurückfindet und es am Ende für beide Seiten eine Win-Win-Situation sein wird.“

Noch im Sommer stand Maouel mit Uerdingen in Kontakt, entschied sich letztendlich aber für das Ausland und den NFC Orlandina. Bleibt für ihn zu hoffen, dass er diesmal beim Projekt KFC Uerdingen ein glücklicheres Händchen hatte...