Es ist ein echtes Herzschlagfinale zwischen zwei Teams, die in dieser Regionalliga-Saison an einem echten Drama schreiben: Rot-Weiss Essen und Preußen Münster gehen punktgleich in den letzten Spieltag. Nur ein Klub darf hoch in die 3. Liga. Die Fanszenen hoffen auf den großen Coup, die große Feier am Samstag. Zwei Blogger erzählen, was ihnen der Aufstieg bedeuten würde.
RWE-Blogger André Schubert (Catenaccio07):
11 Jahre sind für einige Menschen eine sehr, sehr lange Zeit. Manche sind für 11 Jahre im Gefängnis, andere suchen 11 Jahre lang das verschollene Bernsteinzimmer oder eine als ausgestorben geltende Vogelart am Amazonas, wiederum andere sind 11 Jahre verheiratet. Und dann gibt es noch die, die seit 11 langen Jahren auf den Aufstieg ihres Fußballvereins warten.
Nun ist es nicht so, dass Letzteres von der Teilhabe am öffentlichen Leben ausschließt, gefährlich oder gar sinnlos ist. Aber als langjähriger Anhänger von Rot-Weiss Essen sucht man im Prinzip seit 11 Jahren den Heiligen Gral, der die Tristesse in der viertklassigen Regionalliga West endlich beendet. Und das hat vor allem einen Grund. Als Essener fühlst du dich fremd in dieser Liga. Das soll jetzt nicht arrogant klingen, aber Vereine wie der SV Lippstadt, der FC Wegberg-Beeck oder der VfB Homberg sind bei aller gegebenen Wertschätzung einfach keine Clubs, mit denen sich der geneigte RWE-Fan auf Dauer - oder überhaupt - in einer Liga sehen möchte. Dann doch lieber der 1. FC Kaiserslautern, 1860 München oder der MSV Duisburg. Ich vertrete diese Ansicht absolut.
Rot-Weiss Essen: Fans wollen raus aus der "Kirmesliga"
11 Jahre Regionalliga West, das ist nicht die natürliche Heimat eines Vereins wie Rot-Weiss Essen. Und das ist einfach so, man kann es drehen und wenden wie man will. RWE gehört in den vollumfänglichen Profifußball, der Verein, die Stadt und seine Anhänger sowieseo. Dabei hege ich keine Großmannsträume à la 2. Bundesliga schnellstmöglich, mit einer Konsolidierung in Liga 3 wäre ich fürs Erste absolut zufrieden. Nur endlich raus aus dieser Kirmesliga. Ganz ehrlich - ich leide in dieser Liga. An vielen Gegnern, an manchmal unverständlichen Spielabsetzungen und oft am, sagen wir, merkwürdigen Westdeutschen Fußballverband.
Am kommenden Samstag ist sie nun da, die Chance, diese Liga am letzten Spieltag zu verlassen. Und das sogar, im Vergleich zur Vorsaison, mit den besseren und wirklich guten Karten in der eigenen Hand. Nach einer Saison, die wirklich mit so ziemlich allen Höhen und Tiefen aufwartete, die der Fußball in seinen manchmal merkwürdigen Launen zu bieten hat. Ich zähle nicht die Stunden, Minuten oder gar Sekunden, so kirre mache ich mich nicht. Aber ich zähle die Tage, jeden einzelnen. Und am Samstag hoffe ich dann, das Bernsteinzimmer gefunden zu haben. Den Heiligen Gral, auf den wir in Essen so lange gewartet haben. Wir haben uns das verdient, keine Frage.
SCP-Blogger Sven Scholz (nullsechs.de):
Schaut man sich aktuell die Stimmung auf Social Media unter Preußen-Fans an, dann ist einiges schlechter geworden, seitdem RWE am Wochenende wieder an uns vorbeigezogen ist – aber nicht alles. Wir haben uns gesammelt und werden am Samstag alles raushauen, was wir haben!
Davor war alles relativ entspannt und euphorisch, wir waren eben noch Tabellenführer. Dieses Schwarz-weiß-Denken ist leider aber typisch für Münster. Dennoch melden sich vor allem gerade aber aktuell viele zu Wort, von denen man im ersten Halbjahr noch wenig bis garnichts lesen konnte. Dieses Phänomen ist aber in jedem Verein zu finden.
Preußen Münster: Die Fans sind wieder stolz auf den Klub
Am Samstag müssen wir auf uns schauen. Nur unser Spiel gegen Köln zählt. Es ist erst einmal egal, was Rot-Weiss Essen und Rot Weiss Ahlen parallel auf den Platz bringen. Wir haben unsere Mission. Die Spieler werden garantiert motiviert und heiß sein. Dafür haben wir die richtigen Akteure im Kader: Nicolai „Rambo“ Remberg, Marcel Hoffmeier und Robin Ziegele dürfte diese Drucksituation vor keine Probleme stellen. Doch generell ist der SCP in dieser Saison durch das Kollektiv stark, wenn man sich die Anzahl von Torschützen anschaut.
Das Duell beider Traditionsvereine bringt natürlich alles mit, was so eine Liga und so ein letzter Spieltag braucht. Nur aufgrund der Tordifferenz ist Essen vorne. Mehr Brisanz geht nicht. Wir können es aber schaffen, viele Tore zu schießen und haben gegen Lippstadt zuletzt dreifach getroffen. Warum sollte das nicht auch gegen Köln klappen? Zudem haben wir erst ein Spiel im Preußenstadion verloren.
So oder so spielen wir eine richtig geile Saison. Gerade wenn man betrachtet, wo wir herkommen. Nach dem Abstieg vor zwei Jahren standen wir vor dem Nichts. Jetzt sind alle wieder mächtig stolz auf den Verein. Jeder identifiziert sich mit der Mannschaft, es gibt einen großen Zusammenhalt zwischen der Fanszene und den Verantwortlichen. Vieles geht in die richtige Richtung, auch abseits des Platzes.
Am Ende wäre es, aufgrund der aktuellen Situation, natürlich bitter, wenn es mit dem Aufstieg nicht klappt. Natürlich wären wir Preußen-Fans wehmütig, aber wir würden die Mannschaft trotzdem feiern – weil sie eine grandiose Leistung erbracht hat, indem sie es überhaupt geschafft hat, so nahe zurück an die 3. Liga zu kommen. Wir haben nie gesagt, dass wir aufsteigen müssen. Bei Essen ist höherer Druck auf dem Kessel. Die Sehnsucht nach der 3. Liga ist in Essen sechsmal höher als in Münster.
Ich habe ein gutes Gefühl. Mein Blick ist zuletzt nach England gegangen. Die Bristol Rovers haben am Wochenende 7:0 gewonnen – und durch diesen hohen Sieg den Aufstieg in die dortige 3. Liga perfekt gemacht. Es ist zwar nur eine Geschichte, nicht mein Strohhalm an dem ich mich klammere, den braucht es nicht.
Aber! Man sieht: Im Fußball ist alles möglich!