„Unqualifizierte Labertante“, „Hauptsache, die Frauenquote stimmt“, Beleidigungen unter der Gürtellinie: ZDF-Reporterin Claudia Neumann ist Anfeindungen gewohnt. Das Finale der Champions League am Samstagabend bildete dabei - wie zu befürchten war - keine Ausnahme. In den Sozialen Netzwerken wurde die 59-Jährige für jeden Fehler hart attackiert, nach Spielende erhielt Neumann aber auch viel Rückendeckung.
Allen voran stellte sich ZDF-Sportchef Yorck Polus vor seine Kollegin. „Claudia Neumann ist eine professionelle und erfahrene Kommentatorin, was sie beim Champions-League-Finale einmal mehr unter Beweis gestellt hat. Konstruktive und sachliche Kritik an ihrer Arbeit ist völlig okay. Völlig inakzeptabel ist jedoch das große Ausmaß an Hass und Beleidigung, das ihr entgegenschlägt“, sagte Polus.
Neumann hatte als erste Frau im deutschen Fernsehen ein Endspiel der Männer in der Königsklasse kommentiert. Insgesamt blieb sie 90 Minuten lang souverän, doch jeder ihrer Versprecher wurde von ihren Kritikern seziert - etwa, als sie in der Nachspielzeit einen Disput zwischen Inter-Trainer Simone Inzaghi und dem vierten Offiziellen mit den Worten „Inzaghi wollte, dass abgepfiffen wird“ deutete, obwohl Inter mit 0:1 in Rückstand lag.
Die Folge waren Beschimpfungen und Beleidigungen. „Sie selbst nimmt die Reaktionen mittlerweile gelassen und ignoriert die Hasskommentare weitgehend im Netz“, schrieb das ZDF am Sonntag über die Frau mit dem dicken Fell. Die Überschrift des Artikels lautete: „Woher kommt der Hass gegen Frauen im Fußball?“
Es sollte „eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein“, dass „Frauen Sportsendungen moderieren, Fußballspieler*innen interviewen und Live-Übertragungen kommentieren“, hieß es dort. Neumann sei „eine der Pionierinnen auf dem Gebiet“.
Doch wenn Claudia Neumann am Mikro sitzt, verliere Kritik oft jede Verhältnismäßigkeit, wurde in dem Artikel die ehemalige Fußball-Funktionärin und deutsche Nationalspielerin Katja Kraus zitiert. Das ZDF schrieb von einem „sexistisch unterlegten Shitstorm“.
Neumann war 2011 die erste WM-Kommentatorin in Deutschland bei der Endrunde der Frauen, 2016 bei der Europameisterschaft war sie die erste deutsche Frau, die bei einem großen Männerturnier als TV-Live-Reporterin im Einsatz war. Bei der WM in Katar setzte sie jüngst ein Zeichen, als sie während der Übertragung ein T-Shirt mit Regenbogenaufdruck trug.