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FIFA-Schlammschlacht
Das System Blatter läuft wie geschmiert

FIFA: Das System Blatter läuft wie geschmiert
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Das Herrschaftssystem des Joseph S. Blatter läuft wie geschmiert. Seit 36 Jahren steht er in Diensten des Fußball-Weltverbandes FIFA, seit 1998 als Präsident.

Gerne fabuliert der 75-Jährige, der seit 107 Jahren existierende Dachverband sei mächtiger als die Weltreligionen - denn von denen gebe es ja mehrere, die FIFA aber nur einmal!

Und auch Blatter ist einzigartig. Ein polyglottes Stehaufmännchen, das diverse Krisen gemeistert, einige Attacken überstanden und Aufstände niedergeschlagen hat. Am Mittwoch auf dem FIFA-Kongress in Zürich will er in seine vierte Amtszeit gehen. Nachdem Herausforderer Mohamed Bin Hammam (Katar) seine Kandidatur zurückgezogen hat, gilt die Wiederwahl des Machtmenschen Blatter als sicher - trotz der jüngsten Schlammschlacht mit gegenseitigen Korruptionsvorwürfen.

"Wenn alles normal läuft, dann wird Blatter am Mittwoch in seinem Amt bestätigt", sagt der langjährige FIFA-Mediendirektor und Marketing-Experte Guido Tognoni der Basler Zeitung. Es scheint, als habe Joseph S. Blatter seine Widersacher in die Knie gezwungen. Wieder einmal.

So wie schon einmal vor neun Jahren, als sogar elf Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, darunter fünf Vize-Präsidenten, Anzeige gegen den FIFA-Boss wegen "Verdachts der Veruntreuung und der ungetreuen Geschäftsbesorgung" beim Ersten Staatsanwalt des Kantons Zürich erstatteten.

Die Anschuldigungen fußten auf einem 31-seitigen Dossier des damaligen Generalsekretärs Michel Zen-Ruffinen, der Blatter der Korruption zu überführen versuchte. Der Präsident stand wenige Wochen vor dem FIFA-Kongress in Seoul am Abgrund, schien im Duell mit Herausforderer Issa Hayatou (Kamerun) chancenlos. Doch Blatter entwickelte eine geschickte Abwehrstrategie, stellte Zen-Ruffinen kalt, ließ auf dem Kongress seine Rivalen im Exko durch taktische Schachzüge alt aussehen. Nach der WM trennte er sich von Zen-Ruffinen und Mediendirektor Keith Cooper sowie mehreren Dutzend anderen Aufmüpfigen.

Stattdessen wurden Schlüsselpositionen mit Vertrauensleuten besetzt, und Blatter gelang es, die FIFA-Vize-Präsidenten wie Hayatou, Lennart Johansson (Schweden), David Will (Schottland) oder Chung Mong-Joon (Südkorea) ruhigzustellen. Auch, weil die Anklage gegen den FIFA-Boss im Dezember 2002 niedergeschlagen wurde. Viele sprachen im Anschluss von einer "Gleichschaltung" der FIFA-Administration. Die Revolution war gescheitert, Blatter ging gestärkt aus dem Scharmützel hervor und zog klug weiter die Fäden.

Dabei scheute er sich nicht, weitere langjährigen Weggefährten wie Tognoni, Markus Siegler, Andreas Herren (beide Medien) und Urs Linsi (Generalsekretär) abzuservieren. Knallhart, manchmal durchtrieben und kaltblütig setzt Blatter seine Personalrochaden durch - ohne Rücksicht auf frühere Verdienste.

Gleichzeitig hievt der Mann aus dem Wallis höchst umstrittene Personen in Spitzenpositionen. Zum Beispiel Generalsekretär Jérôme Valcke, der einst als Marketingdirektor der FIFA nach einem peinlichen Fauxpas bei einem Vertrag mit einem Premium-Sponsor und einem 90-Millionen-Dollar-Verlust geschasst wurde. Blatter holte ihn trotzdem als seine rechte Hand zurück zum Weltverband. Der Franzose Valcke spielte im Zusammenhang mit den jüngsten Korruptionsvorwürfen in Bezug auf die WM-Vergabe 2022 an Katar mit einer Mail an das mittlerweile suspendierte FIFA-Exko-Mitglied Jack Warner (Trinidad/Tobago) eine obskure Rolle.

Interessant ist auch, dass Warner und Bin Hammam lange Jahre treueste Weggefährten Blatters waren. Beide galten als feste Stimmenbeschaffer für den Schweizer, der den kleinen der 208 Mitgliedsverbände unter dem Dach des offiziellen Entwicklungshilfe-Programms der FIFA viele Geldgeschenke machte. Gegen diese Art der Lobbyarbeit fanden Blatters Gegner bis heute kein probates Mittel.

Das System Blatter funktioniert - noch. Aber hält der Eidgenosse, der 1993 in Las Vegas bei der WM-Auslosung als "Maître de Plaisir" sogar Hollywood-Star Faye Dunaway auf der Bühne umgarnte, noch vier weitere Jahre durch? Schon wird kolportiert, nach zwei Jahren sei Schluss.

Blatters Vorgängers João Havelange hat unlängst einen klugen Satz gesagt. "Es ist nicht so wichtig, ganz nach oben an die Spitze zu kommen. Wichtiger ist, den richtigen Zeitpunkt für einen Rücktritt zu wählen." "JSB" - das "S" steht für Sepp - hat den rechten Moment verpasst.

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