Um 16.37 Uhr, knapp fünf Stunden zuvor, hatte FIFA-Präsident Joseph S. Blatter die Vergabe der Weltmeisterschaft 2018 an Russland verkündet. "Die ganze Welt hat erfahren - Russland ist nicht nur Wodka und warme Mützen", schrieb Sport-Express.
Gleich im Anschluss an die Entscheidung der FIFA hatte sich der ehemalige russische Staatspräsident, der aus Verärgerung über einen "skrupellosen Wettbewerb" zunächst auf eine Anreise in die Bankenmetropole verzichtet hatte, doch ins Flugzeug gesetzt, um sich vor Ort entsprechend in Szene zu setzen.
"Wir sind geehrt, diesen harten und fairen Kampf gewonnen zu haben", kommentierte Putin nun und kritisierte die Enthüllungen über die Bestechlichkeit einiger Mitglieder des Exekutivkomitees des Weltverbandes, des Entscheidungsgremiums der FIFA, durch britische Journalisten.
"Das ist ein Beispiel für unlauteren Wettbewerb"
"Leute wurden der Korruption bezichtigt, ohne jeden Grund, ohne Fundament und Rechtfertigung. Das war nur ein Druckmittel gegen die FIFA. Es war inakzeptabel, dass dies in England in die Medien transportiert wurde. Das ist ein Beispiel für unlauteren Wettbewerb", äußerte Putin. Eine höchst umstrittene Sichtweise, die Ursache und Wirkung völlig außer Kraft setzt.
Die FIFA hatte im Vorfeld die Exko-Mitglieder Reynald Temarii (Tahiti) und Amas Adamu (Nigeria) für ein bzw. drei Jahre gesperrt, weil sie den fingierten Offerten von Journalisten der Sunday Times auf dem Leim gegangen waren und ihre Stimmen für die WM-Vergabe 2018 und 2022 quasi feilgeboten hatten. Statt 24 stimmten am Donnerstag nur 22 Exekutiv-Mitglieder über die Weltmeisterschaften ab, England wurde im Ringen um 2018 abgestraft und flog mit zwei mickrigen Stimmen bereits nach dem ersten Wahlgang raus. Die Frage eines britischen Reporters, ob das Fußball-Mutterland bei der Abstimmung betrogen wurde, beantwortete Putin dennoch mit einem klaren "Nein".
Putin erklärte auch nochmals sein Fernbleiben zur finalen Präsentation am Donnerstagvormittag in Zürich: "Wir mussten den Exekutiv-Mitgliedern der FIFA die Möglichkeit geben, die Entscheidung ohne Druck von außen und ganz objektiv fällen zu können."
"Es gibt Visafreiheit in unseren Land und Gratisreisen"
Gleichzeitig nutzte der russische Ministerpräsident die Gelegenheit, um ein gigantisches Turnier in siebeneinhalb Jahren zu versprechen. "Es gibt Visafreiheit in unseren Land und Gratisreisen zwischen den Städten", verkündete Putin, was nicht nur Aktive, Funktionäre und Journalisten, sondern auch Fans mit Eintrittskarten betrifft.
Putin versprach ein Rundumsorglospaket für die Gäste: "Die Stadien werden rechtzeitig fertig sein. Wir werden alles tun, um unseren Gästen einen angenehmen und sicheren Aufenthalt zu garantieren." Knapp drei Milliarden Euro werden investiert - vornehmlich in die Arenen. Es folgen Investionen in Höhe von geschätzt rund 37 Milliarden Euro für Flughäfen, Infrastruktur und Hotels. In diesem Zusammenhang verwies Putin gerne auf die Goldreserven des russischen Staates in Höhe von einer halben Billion US-Dollar (350 Milliarden Euro).
Russland kann sich nun als "Weltmeister" im Veranstalten von Großereignissen fühlen. 2014 finden die Olympischen Winterspiele in Sotschi am Schwarzen Meer statt, die Fußball-WM vier Jahre später ist aber die Krönung für den smarten Putin. 2007 hatte er sich in Guatemala-Stadt höchstpersönlich für Olympia-Bewerber Sotschi ins Zeug gelegt. Anno 2010 war sein zunächst angekündigter Verzicht auf eine Reise in die Schweiz ein cleverer Schachzug. Die Gegner wurden matt gesetzt. Dann kam Wladimir Wladimirowitsch Putin doch - zum Feiern, damit er den Triumph persönlich auskosten konnte.