Über ein Jahrzehnt mussten die Fans von Rot-Weiss Essen auf diesen Moment warten – ein Liga-Auswärtsspiel außerhalb von Nordrhein-Westfalen. Genau genommen war es der 24. März 2012, als die Essener bei der zweiten Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern im Fritz-Walter-Stadion (Rheinland-Pfalz) gastierten. Diese Partie konnte der Traditionsklub von der Hafenstraße damals durch die Treffer von Timo Brauer und Kevin Grund mit 2:1 gewinnen.
Am Samstagnachmittag stand für die Rot-Weissen das Drittliga-Auswärtsspiel bei der SpVgg Bayreuth auf dem Programm. Bereits einen Tag zuvor machten sich die Schützlinge von Cheftrainer Christoph Dabrowski auf den über 500 Kilometer langen Weg nach Bayern und übernachteten in einem Hotel. Nach den kurzen ersten beiden Auswärtsreisen in dieser Saison (Duisburg, Dortmund) wurde dem ganzen Verein zum ersten Mal richtig bewusst, dass man wirklich im Profifußball angekommen ist.
Unterstützt wurde die Mannschaft dabei von über 1000 Auswärtsfans, die dem Team ins Hans-Walter-Wild-Stadion folgten. Die mitgereisten Anhänger mussten mit ansehen, wie RWE nach nur zwei Minuten in Rückstand geriet, dann aber immerhin durch den Treffer von Isaiah Young (55.) einen Auswärtspunkt retten konnte. Dieser eine Zähler könnte in der Endabrechnung noch wichtig sein, aber trotzdem hatte sich der Drittliga-Aufsteiger in diesem Duell mehr ausgerechnet. Der ersehnte erste Dreier der Saison lässt weiter auf sich warten.
Die Erwartungshaltung war vor der Saison sicherlich eine andere als Platz 20 nach sechs Spieltagen und kein Sieg. Speziell mit Blick auf das Auftaktprogramm hatte wohl niemand in Essen mit diesem Fehlstart gerechnet.
Klar: Elversberg entpuppte sich mittlerweile als richtig starker Aufsteiger, trotzdem war eine 1:5-Heimpleite natürlich nicht zu entschuldigen. Alle anderen Gegner - mit Ausnahme von Ingolstadt - gehören in der 3. Liga nicht zum Favoritenkreis. Selbst in der Bayreuther Vereinszeitschrift war von "vor Saisonbeginn hoch eingeschätzten Rot-Weissen aus Essen" die Rede.
Das ist unglaublich von unseren Fans. Sie stehen immer hinter uns und haben nach dem Spiel gesagt, dass wir immer weitermachen sollen. Das ist super. Ich hoffe, dass es so bleibt. Wir müssen aber irgendwann drei Punkte holen, das ist klar.
Isaiah Young will mit seinem Team den Kredit zurückzahlen.
Beeindruckend war aber die Reaktion der RWE-Fans nach dem Abpfiff. Keine negative Stimmung, keine Pfiffe, sondern Applaus und aufmunternde Worte für die Spieler. Nach der Rückkehr in den Profifußball haben die Fans viel Geduld mit ihrer Truppe und die Mannschaft hat weiterhin einen großen Kredit. Nun wird es aber Zeit, dass das Team auch die Fans belohnt für die Treue (Rekordzahlen bei Dauerkarten und Mitgliedern, großes Zuschauerinteresse) und den unermüdlichen Support – bestenfalls aus Essener Sicht bereits mit einem Sieg beim kommenden Heimspiel (02. September, 19 Uhr) gegen den FC Erzgebirge Aue.
Torschütze Young bedankte sich für die große Unterstützung in Bayreuth: "Das ist unglaublich von unseren Fans. Sie stehen immer hinter uns und haben nach dem Spiel gesagt, dass wir immer weitermachen sollen. Das ist super. Ich hoffe, dass es so bleibt. Wir müssen aber irgendwann drei Punkte holen, das ist klar. Dafür werden wir alles tun."
Klar ist: Jetzt sind die Spieler an der Reihe, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Und weil einige Akteure noch nicht ihr Drittliga-Niveau unter Beweis stellen konnten, wird es bis zum Ende der Wechselfrist (01. September, 18 Uhr) noch Veränderungen im Essener Kader geben, um diese Defizite auszugleichen. Denn RWE braucht dringend Punkte, damit die Stimmung nicht kippt. Da kann auf Einzelschicksale keine Rücksicht genommen werden, sondern das Ziel Klassenerhalt hat absolute Priorität - für den Verein und die Fans.