In seiner aktiven Zeit war er schlicht der "Eisenschädel", als Trainer gilt er nun fast als "Superhirn": Durch akribische Arbeit, die konsequente Umsetzung seiner Spielphilosophie und sympathische Bodenständigkeit hat sich der Coach seit seinem Amtsantritt vor knapp drei Jahren einen exzellenten Ruf erworben.
"Wir müssen nichts, aber wir wollen etwas. Wenn man etwas will, ist man bereit zu investieren. Wenn man etwas muss, verkrampft man und spielt scheiße", sagt Stanislawski und versucht ständig, seiner Mannschaft, die am Mittwoch im Pokal bei Cup-Verteidiger Werder Bremen antreten musste, die Freude am Spiel zu vermitteln: "Die Jungs haben eine klare Vorgabe. Wir spielen schnell, direkt und flach nach vorne. Das hat sogar Priorität vor dem Resultat. Wenn sich die Mannschaft an diesen Plan hält, kann sich auch mal verlieren."
Als vermeintliches Alibi spielt dies in den Köpfen der Spieler jedoch offenbar keine Rolle. Zu gut ist nach dem starken Start in die Saison und dem derzeitigen dritten Tabellenplatz die Stimmung, zu eng ist die Beziehung zum Vater des Erfolges: "Stani" - so nennen die Profis ihren Coach, so ruft ihn eigentlich ganz Hamburg. Selbst für seine Ehefrau ist "Stani" meist "Stani" und nicht Holger. Seit 1993 gehört der gebürtige Hamburger Stanislawski dem FC St. Pauli an, war Spieler, Sportdirektor, Vize-Präsident und nun schließlich Chefcoach.
Als solcher führte er den Klub bereits in seiner ersten Saison 2006/2007 zurück in die 2. Liga. Die Anhänger sprachen ihn danach heilig: "St. Anislawski" war geboren. Beim DFB hielt sich die Begeisterung über die Trainertätigkeit des neuen Hamburger Hoffnungsträger allerdings in Grenzen. Stanislawski verfügte nicht über die nötige Lizenz. So musste der Coach das Team - zumindest offiziell - zunächst einmal an seinen bisherigen Assistenten Andre Trulsen abgeben und den Fußballlehrer-Lehrgang an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln absolvieren.
40.000 Kilometer legte der Pendler Stanislawski während seiner Ausbildung zurück und schloss den Kurs sogar als Jahrgangsbester ab. Dank der Hilfe Trulsens erlebte auch St. Pauli keinen Einbruch, sodass Stanislawski nach bestandener Prüfung wieder auf seinen Chefposten zurückkehren konnte - im Gegensatz zu Christian Wück (Rot Weiss Ahlen), Christian Hock (SV Wehen Wiesbaden) und Henning Bürger (Carl Zeiss Jena), die allesamt an der doppelten Belastung scheiterten und von ihren Klubs entlassen wurden. "Das zeigt, dass man vor Holger Stanislawski absolut den Hut ziehen muss", äußert Markus Babbel, der derzeit neben seiner Tätigkeit als Teamchef des VfB Stuttgart an der Trainerlizenz arbeitet.