Neun externe Neuzugänge, eine zweistellige Zahl an Abgängen: Schalkes Kader wurde nach dem Abstieg aus der Bundesliga komplett auf den Kopf gestellt. Kurz vor Schließung des Sommer-Transferfensters haben die Königsblauen mit dem tschechischen Innenverteidiger Tomas Kalas (30/Bristol City) und Linksverteidiger Derry John Murkin (24/FC Volendam) noch einmal zugeschlagen.
Schalke 04: Wie gut ist der Kader?
Doch wie gut ist der Schalke-Kader wirklich? Reicht es, um beim Kampf um den Wiederaufstieg ein gewichtiges Wörtchen mitzureden?
„Schalke 04 hatte eine hohe Fluktuation im Kader, was nach einem Abstieg aber ganz normal ist. Ich finde, dass sie gute Leute verpflichtet haben. Marius Müller hat als neuer Torwart seine Qualitäten bewiesen. Dass er im Tor bleibt, obwohl Ralf Fährmann wieder fit ist, finde ich nachvollziehbar“, sagt transfermarkt.de-Experte Philipp Marquardt im Gespräch mit der WAZ und streicht heraus: „Durch die Unruhe, die Ralf Fährmanns Berater mit seinen Aussagen entfacht hatte, ging es bei Schalke zuletzt recht turbulent zu. Welche Auswirkungen das auf das Innenverhältnis hat, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall hat man dadurch zuletzt eine unnötige Baustelle aufgemacht.“ Das ist allerdings nicht die einzige Schwierigkeit am Berger Feld.
„Es gibt im Moment noch zu viele Probleme, die unter anderem das Mittelfeld betreffen. Da greifen die Rädchen noch nicht komplett ineinander. Schalke steckt gerade in der Findungsphase. Die Königsblauen haben ihre Kader-Puzzleteile Stück für Stück zusammengefügt und zuletzt noch zweimal auf dem Transfersektor zugeschlagen“, sagt Philipp Marquardt.
Er geht ins Detail: „Tomas Kalas sehe ich hinten eher als Mann für die Breite. Bei Bristol City hat er zuletzt keine Rolle gespielt. Bei Murkin fragt man sich, ob er eher hinten links oder aufgrund seiner Dynamik eher links offensiv spielen soll. Das Feedback war nach seinem Debüt gegen Wehen Wiesbaden sehr positiv, da wurde von einem erfrischenden Auftritt gesprochen. Murkin hat sehr gute Ansätze und kann für Schalke noch sehr wichtig werden. Wenn er zusammen mit Standard-Spezialist Thomas Ouwejan aufläuft, könnte das auf der linken Seite richtig Spaß machen.“
Schalke: Timo Baumgartl noch keine absolute Verstärkung
Als prominentesten Neuzugang haben die Schalker Abwehrrecke Timo Baumgartl (Marktwert drei Millionen Euro) verpflichtet. „Er hat letzte Saison als Leihspieler für Union Berlin rund 600 Minuten gespielt und ist jetzt nach seiner ausgeheilten Erkrankung wieder voll da. Beim Tempo gibt es sicherlich noch Luft nach oben. Den Status als absolute Verstärkung muss sich Timo Baumgartl auf Schalke erst noch erarbeiten“, sagt der Transfer-Experte. Im Mittelfeld hat der Traditionsklub gleich auf mehreren Positionen zugeschlagen.
Für Ron Schallenberg, der sich gegen Kiel (0:2) eine Rote Karte einhandelte, überwiesen die Schalker zwei Millionen Euro Ablösesumme an den Liga-Konkurrenten SC Paderborn. Marquardt: „Schallenberg ist ein Stratege für das Zentrum. Das ist ein richtig guter Zweitliga-Transfer, aber er alleine kann es auch nicht richten.“ Lino Tempelmann, den die Schalker vom SC Freiburg in den Ruhrpott holten, gruppiert der Experte in den Bereich „Technik-Ecke“ ein.
„Tempelmann hat vielversprechende Ansätze, bringt gute Ideen ein, macht durchdachte Befreiungsaktionen, verschleppt aber manchmal noch zu sehr den Ball. Insgesamt sehe ich ihn bisher durchaus als Lichtblick“, analysiert Philipp Marquardt und richtet den Blick auf Paul Seguin: „Er hat bei Union Berlin schon seinen Wert angedeutet. Für Schalke 04 ist das definitiv ein gestandener Spieler.“
Bei Bryan Lasme, der mit Arminia Bielefeld aus der Bundesliga abgestiegen ist und dort von einigen Anhängern immer noch als eine Art Sündenbock für den Absturz angesehen wird, schwanken die Meinungen. „Das Feedback im Fanlager war bisher so, dass er keine Bäume ausreißen kann, aber ich finde, dass er auf Schalke bisher einen durchaus guten Eindruck hinterlassen hat. Lasme war ablösefrei, bringt enorme Schnelligkeit mit. Das war eine Schalker Verpflichtung ohne großes Risiko. Warum soll das mit Bryan Lasme hier nicht funktionieren?“, fragt Philipp Marquardt.
Ebenfalls mit Tempo und dazu auch noch mit Technik besticht Yusuf Kabadayi, der leihweise aus der Reserve des FC Bayern München nach Gelsenkirchen kam. „Er geht ohne Angst ins Dribbling, hatte bei Bayern II gute Scorerwerte, auch wenn zwischen Regionalliga und 2. Liga natürlich noch große Unterschiede bestehen. Ich sehe Kabadayi als belebendes Element bei Schalke“, sagt der transfermarkt-Experte.
Schalke-Talent Assan Ouedraogo ist ein Lichtblick
Gleiches gilt für Assan Ouedraogo, der die Fans bereits verzückt hat. Marquardt: „Bei solchen Talenten ist es immer ein schmaler Grat, welche Vorgehensweise am Besten ist. Wenn ein Team gefestigt ist, kann so ein Nachwuchsspieler seine Stärken unter dem Schutz eines sicheren Gebildes noch mehr einbringen. Wenn man Ouedraogo zu sehr hyped, tut man ihm keinen Gefallen.“