Vor dem Haus stehen keine Nobelkarossen, sondern Mittelklassewagen, und statt Spielerfrauen flanieren nur ein paar Rentner über den Bürgersteig. Hier in Bochum-Harpen ist die Welt völlig normal und fernab des Showgeschäfts, als das der Profifußball heutzutage gilt.
Doch der Schein trügt: Unter dem Dach des Fünf-Parteien-Hauses leben Stefan Grummel von Rot-Weiss Essen und Christoph Kramer vom VfL Bochum seit anderthalb Jahren in einer WG. An sich sind Wohngemeinschaften von Fußballern nichts ungewöhnliches, dass sie unterschiedlichen Vereinen angehören, ist dann aber doch etwas besonderes.
In ihrer Nachbarschaft sind sie jedoch nicht die Fußballer, sondern die Jungspunde, die den Altersschnitt deutlich senken. Lediglich beim Einzug war ihre Hauptbeschäftigung von Vorteil, wie Kramer berichtet: „Die Vermieter hatten Bedenken, dass wir nur Partys machen würden. Aber wir haben ihnen erklärt, dass wir Sportler sind und deswegen kaum feiern.“ Die Vermieter hatten ein Einsehen und die langwierige Suche nach einer Bleibe war dank Mutter Grummel beendet. Denn nach sechs erfolglosen Besichtigungsterminen hatte sie die 107-Quadratmeter-Wohnung in einer Zeitungsannonce für ihren Sohn entdeckt.
Die Bleibe scheint ideal auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten zu sein: Jeder hat ein eigenes Zimmer, hinzu kommen der riesige Wohn-/Essbereich, ein Wintergarten und die Möglichkeit, den Garten hinter dem Haus mitzubenutzen. Auch die Lage stimmt: Kramer fährt handgestoppte sieben Minuten zum Training, Grummel ist mit seinen Mitfahrern Cebio Soukou und Kerim Avci 25 Minuten lang unterwegs.
Während es für Kramer die erste eigene Wohnung ist, kannte Grummel schon das Gefühl, dem Elternhaus fern zu sein. Als der gebürtige Bochumer 2008 aus der Nachwuchsabteilung des VfL zur U19 von Bayer Leverkusen wechselte, wurde er zunächst in eine Gastfamilie aufgenommen. Mit dem Erreichen des Seniorenalters musste er für die zwei Jahre in der Bayer-Reserve seine eigenen vier Wände in Leverkusen beziehen.
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