Keine Geschenke für den "blöden Sack": Wenn Holger Stanislawski erstmals nach seinem Abschied vom FC St. Pauli im Sommer 2011 in beruflicher Mission ans Millerntor zurückkehrt, erwartet den Trainer des 1. FC Köln alles andere als ein gefühlsduseliger Empfang.
"Ich werde sicher nicht mit einem Blumenstrauß in der Kabine stehen", sagte St. Paulis Kapitän Fabian Boll. Mannschaftskollege Benedikt Pliquett gibt sich vor dem Abschluss des 22. Spieltags am Montag (20.15 Uhr/Sport1 und Sky) ebenfalls kampfeslustig. "Stanis" Geschichte bei den Hamburgern sei zwar einmalig, "aber am Montag soll der blöde Sack gerne wieder draußen rumschreien, die drei Punkte behalten wir", sagte der Torhüter - denn die Lage ist ernst. Und zwar für beide Teams.
Vergessen hat Stanislawski die Jahre nicht
St. Pauli will nach vier Spielen ohne Sieg seinen Abwärtstrend stoppen und das Polster zu den Abstiegsrängen vergrößern. Die Kölner, die mit 30 Punkten im Tabellenmittelfeld liegen, versuchen ihrerseits, die geringen Hoffnungen auf die sofortige Rückkkehr ins Oberhaus nicht gänzlich zur Neige gehen zu lassen. "Die alte Liebe muss hinten anstehen für die drei Punkte", sagte Stanislawski. Erkaltet ist die Beziehung zu seinem alten Klub aber nicht. "Hamburg ist meine Heimatstadt, der FC St. Pauli ist mein Verein. Die 18 Jahre dort waren eine geile Zeit", sagte er.
Als Spieler, Manager, Vize-Präsident und Trainer rieb sich der 43-Jährige zwischen 1993 und 2011 für St. Pauli auf. Nach der Entlassung von Andreas Bergmann übernahm er im November 2006 mit Co-Trainer André Trulsen den Trainerposten und schaffte auf Anhieb den Sprung in die 2. Liga. In der Saison 2009/10 feierte der Kiezklub sogar den Aufstieg in die Eliteklasse. In der darauffolgenden Abstiegssaison gab Stanislawski im April 2011 dann unter Tränen seinen Abschied bekannt. Kraft und Energie seien weg gewesen, sagte Stanislawski.
Irrfahrt durchs Kraichgau endete schnell
Es folgte ein wenig erfolgreiches Gastspiel beim Bundesligisten 1899 Hoffenheim, das nach nur etwas mehr als einem halben Jahr im Februar 2012 nach dem Viertelfinal-Aus im DFB-Pokal gegen die SpVgg Greuther Fürth endete. Die Sympathien der Fans hatte "Kumpeltyp" Stanislawski dabei aber bis zum Schluss auf seiner Seite.
Beim 1. FC Köln weiß Stanislawski auch die Vereinsführung hinter sich. "Stani ist unser Wunschtrainer. Wir wollten einen wie ihn, der auf junge Spieler setzt, auf Herzblut und Leidenschaft. Stani hätte mich früher als Spieler auch gut motiviert", sagte Vize-Präsident Toni Schumacher im Wintertrainingslager in Belek über den Coach, der seit dem vergangenen Sommer im Amt ist.
Neben Herzblut vertraut Stanislawski bei der Vorbereitung seiner seit Anfang November ungeschlagenen Mannschaft auch auf ausgefeilte psychologische Kniffe. "Wenn wir da nicht gewinnen, sind freie Tage oder Minuten erst mal gestrichen", sagte Stanislawski, wenn auch nur im Scherz - ernst wird es dann am Montagabend.