Eine gellendes Pfeifkonzert von den Rängen, ratlose Spieler auf dem Platz und ein ernst dreinschauender Trainer am Rand, der nun noch mehr in die Kritik gerät. Nach dem schmerzlichen Titeltrauma im vergangenen Mai hat Borussia Dortmund im Duell mit dem FSV Mainz ein weiteres Mal Nerven gezeigt und einen schweren Rückschlag erlitten. „Das ist das Spiegelbild unserer Mannschaft in dieser Saison, diesmal haben wir die beiden Gesichter innerhalb von einem Spiel gezeigt“, sagte Edin Terzic nach zwei komplett unterschiedlichen Halbzeiten beim 1:1 (1:1) seiner Mannschaft.
Das sechste Pflichtspiel ohne Sieg in Serie dürfte die Kritik am BVB-Coach verstärken. Medienberichte über einen angeblichen „Spieleraufstand“ gegen Terzic hatten bereits vor der Partie für zusätzliche Brisanz gesorgt. Die erneute Qualifikation des Tabellenfünften der Fußball-Bundesliga für die Champions League gerät mehr und mehr in Gefahr.
„Ich habe einen Vertrag unterschrieben bis 2025, und damit habe ich dokumentiert, wie gerne und lange ich bei diesem Verein bleiben möchte“, sagte Terzic beim TV-Sender Sat.1. „Wie lange ich hier bin, das entscheide nicht ich. Das entscheiden natürlich die Führung und das Ergebnis. Und die Ergebnisse in den letzten Wochen waren einfach nicht gut, das wissen wir.“
206 Tage nach dem denkwürdigen Saisonfinale (2:2) an gleicher Stätte, mit dem das Team von Fußballlehrer Terzic die Meisterschaft noch verspielt hatte, blieb das erhoffte Erfolgserlebnis abermals aus. „Mir geht es grundsätzlich um die Situation, die ist nicht einfach“, sagte BVB-Nationalspieler Julian Brandt beim TV-Sender Sat.1. „Die ist ätzend, wenn man ehrlich ist. Es ist immer beschissen, mit einem Unentschieden oder einer Niederlage in die Pause zu gehen.“
„Wir haben einfach zu viele Fehler gemacht“, sagte Nationalspieler Emre Can: Es seien einfach die entscheidenden Momente, die nicht auf der Seite des BVB seien. „Es liegt nicht immer alles am Trainer. Es hat ja nichts mit dem Trainer zu tun, wenn der Ball an die Latte geht“, betonte Can auch bei einer entsprechenden Nachfrage beim Pay-TV-Sender Sky.
Keine Weihnachtsruhe beim BVB
Das Gegentor der Gäste durch Sepp Van den Berg (43. Minute) am Dienstag vor 80 350 Zuschauern im Signal Iduna Park nach der zwischenzeitlichen BVB-Führung durch Brandt (29.) wird die ersehnte Weihnachtsruhe empfindlich stören.
Dagegen gab es bei den Mainzern endlich mal wieder Grund zur Freude. Das Ende der Torflaute nach 363 Minuten und das achtbare Remis bescherten zumindest für einen Tag den Sprung auf den 15. Tabellenplatz. Ob das die Chance von Interimscoach Jan Siewert erhöht, zum Cheftrainer und dauerhaften Nachfolger von Bo Svensson befördert zu werden, bleibt jedoch vorerst offen.
Auch Sabitzer trifft nur die Latte
Nach der Kritik der vergangenen Tage war der BVB sichtlich um Wiedergutmachung bemüht und übernahm von Beginn an die Regie. Für ein erstes Ausrufezeichen sorgte Jamie Bynoe-Gittens, als er den Ball in der achten Minute mit Wucht an die Latte schoss. Kurz darauf verfehlte der BVB-Angreifer das gegnerische Tor mit einem Fernschuss (16.) nur knapp.
Ein sehenswerter Freistoß von Brandt nahm der Borussia etwas vom großen Druck. Aus 18 Metern zirkelte der Nationalspieler den Ball gekonnt ins linke obere Eck und brachte sein Team in Führung. Nur zwei Minuten später war der BVB sogar dem 2:0 nahe. Wie schon zuvor Bynoe-Gittens traf jedoch auch Marcel Sabitzer nur die Latte.
Pfiffe von den Rängen für die Borussen
Bis dahin war von den Mainzern in der Offensive nur wenig zu sehen gewesen. 14:3-Torschüsse zugunsten des BVB gaben den Spielverlauf treffend wieder. Doch als das Terzic-Team das Tempo drosselte, schlugen die Gäste mit einem Tor aus dem Nichts eiskalt zurück. Van den Berg beförderte eine Flanke von Philipp Mwene per Kopf aus kurzer Distanz ins Netz.
Die konsternierten Gesichter der BVB-Profis beim Halbzeitpfiff verrieten mehr als tausend Worte. Nach Wiederanpfiff wirkte die Borussia verunsichert. Urplötzlich war Mainz das spielbestimmende Team und drängte sogar auf die Führung. Erste Pfiffe von den Tribünen veranlassten die BVB-Profis zu mehr Tempo. Doch so gute Chancen wie in den ersten 45 Minuten erspielten sie sich nicht mehr. Ein Aufbäumen gegen das Remis war erst sehr spät zu erkennen, ein Treffer in der Nachspielzeit durch Giovanni Reyna wurde dann auch noch wegen einer Abseitsstellung aberkannt.