„Deutscher Meister wird nur der FCB“, sangen die Bochumer Zuschauer, Bayern München in Fanfreundschaft verbunden, und trafen einen Dortmunder Nerv. Denn nach dem unnötigen 1:1 (0:1) der Borussia im kleinen Revierderby beim VfL scheint das Titelrennen schon vor der Saisonhalbzeit entschieden.
Innerhalb einer Woche ist der Rückstand des BVB von einem auf sechs Punkte angewachsen. „Das ist jetzt ein weiter Vorsprung, das wird sehr, sehr hart“, meinte Torhüter Gregor Kobel mit Blick auf den bereits wieder enteilten Rekordmeister und sprach bei Sky von einer „Scheißposition“.
Während der FC Bayern gegen Mainz 05 ein 0:1 noch in einen 2:1-Sieg umwandelte, reichte es für den Verfolger eine Woche nach dem 2:3 im Gipfel beim kleinen Nachbarn im „Derby anne B1“ trotz drückender Überlegenheit und zahlreicher hochkarätiger Chancen nur zum späten Ausgleich durch Julian Brandt (85.).
Der Jokertorschütze machte „nicht nur Pech“ verantwortlich, sondern fehlenden Biss: „Am Ende musst du es auch wollen, musst mit mehr Überzeugung in die Bälle rein.“
Das erste kleine Revierderby seit über elf Jahren forderte den BVB - mit dem gesperrten Trainer Marco Rose als Kiebitz in einer VIP-Loge - ganz anders als das große in der jüngeren Vergangenheit.
Mit 11:0 Toren hatte Dortmund den abgestürzten Erzrivalen Schalke 04 in den letzten drei Duellen abgefertigt, Bochum wehrte sich dagegen im „Ersatzderby“ vor 13.799 zugelassenen Zuschauern im Ruhrstadion hartnäckig und aufopferungsvoll.
Nach dem glücklichen Führungstor durch Sebastian Polters Foulelfmeter (40.), den BVB-Keeper Kobel mit überstürztem Hinauslaufen verursacht hatte, war entweder der überragende Torhüter Manuel Riemann oder ein Bein oder ein Kopf eines Abwehrspielers im Weg.
Oder ein vermeintliches Tor von Marius Wolf (54.) wurde nach Videobeweis aberkannt - weil Jude Bellingham im Abseits gestanden und Riemann die Sicht genommen hatte. Auch die Tormaschine Haaland ging leer aus - erst zum zweiten Mal in dieser Bundesliga-Saison. Trotz 15:0 Ecken und 23:4 Torschüssen für Dortmund.
Die Bochumer Fans beließen es nicht bei der Schadenfreude über den strauchelnden Goliath. Sie feierten ihren David im ungleichen Kampf wie einen deutschen Meister.
Mit 20 Punkten aus den ersten 15 Spielen könne man „schon jetzt von einer gelungenen Bundesliga-Rückkehr sprechen“, meinte Trainer Thomas Reis, „ich weiß nicht, wer vor der Saison darauf gewettet hätte“.
Dass die Europapokalränge näher als die direkten Abstiegsplätze sind, wollte der VfL-Coach aber nicht hören, „das geht mir alles zu schnell. Vor der Saison haben wir gesagt, es wäre ein Wunder, wenn wir die Klasse halten würden. Wir arbeiten an diesem Wunder“.
Und der BVB? Braucht der nicht viel mehr ein Wunder? „Abhaken“, empfahl Marius Wolf nach dem erneuten und womöglich vorentscheidenden Rückschlag im Titelrennen, „und die Wut mitnehmen.“ Und beim nächsten Mal „die Dinger machen“.