Er ist der wohl bekannteste deutsche Fußball-Kommentator. Einer, der polarisiert. Dass ihn nicht jeder schätzt, erfährt man bei einem Blick ins soziale Netzwerk „Facebook“. „Marcel Reif – Kommentarverbot! 72.427 „Gefällt mir“-Angaben – 5066 sprechen darüber“, mit diesen Informationen wird man auf der Seite begrüßt. Warum so eine Seite? Die Kritiker liefern im Internet den Grund: „Denkt, er wäre größer als der Fußball selber. Ich kann das selbstverliebte Geschwätz nicht mehr hören!“
Reif, der beim ZDF begann und über RTL zum Bezahlfernsehen kam, wo er für Sky Bundesliga und Champions League-Spiele begleitet, hat längst Notiz von dieser Gruppe genommen. Seine Reaktion: „Sie ist mir vollkommen egal.“ Er findet ebenso klare Worte wie seine Kritiker: „Es geht dabei nur um Daumen hoch und Daumen runter. Solch dumpfe Anonymität interessiert mich nicht.“ Reif fordert fundierte Meinungen
Das Forum hat Aufmerksamkeit im Netz erlangt. Aufmerksamkeit, die Reifs Kollegen in diesem Maße nicht bekommen. Der 62-Jährige, mehrfach ausgezeichnet für seine Arbeit, sieht aber die Anti-Seite keineswegs als fragwürdigen Ritterschlag an: „Diesen Gedanken mache ich mir nicht. Ich kann mich nur mit einer Meinung auseinandersetzen, die mir persönlich entgegengebracht wird und fundiert begründet ist. Dieses ,Gefällt mir’ oder ,Gefällt mir nicht’ durch das simple Klicken eines Knopfes kann ich auch einem mittelmäßig begabtem Affen beibringen. Aus diesem Phänomen lässt sich für mich weder etwas Positives noch etwas Negatives ziehen.“
Mit Kritik habe er generell kein Problem. Aber: „Die Leute klicken im Internet herum. Das ist keine sachliche Meinungsäußerung. Es gibt sicher auch 71.000 Menschen, die mich gerne hören, und zum Glück hat Sky auch noch ein paar Abonnenten mehr. Diese Gruppe ist für mich eine virtuelle Größe. Würde ich 71.000 fundierte Schreiben bekommen, würde ich mich damit auseinandersetzen müssen und wollen.“
Im Fußball eckt man schnell an
Wollen die Reif-Gegner also etwas ändern, sollte jetzt klar sein, was sie zu tun haben. Marcel Reif ist bereit. Nach seiner Einschätzung liegt das Hauptproblem in der Thematik, mit der er sich beschäftigt: „Ich kommentiere professionell Fußball. Allerdings kann im Prinzip jeder irgendwie über Fußball reden. Da eckt man schnell mit seiner Meinung und seinem Blickwinkel auf das Geschehen auf dem Platz an.“ Als Vater dreier Söhne hat Reif selbst eine geschärfte Wahrnehmung, wenn es um das Internet und soziale Netzwerke geht: „Ich versuche meinen Kindern stets beizubringen, dass diese Netzwerke nichts mit wahrer Freundschaft zu tun haben und es egal ist, wie viele sogenannte ,Freunde’ man bei irgendwelcher Plattform hat.“
Für Reif verkommen die Werte der Mitmenschlichkeit durch das Chatten und Klicken im Netz: „Freundschaft heißt, für jemanden da zu sein, mit ihm zu reden, ihm zuzuhören, ihm, wenn nötig, beizustehen. Im richtigen Leben, nicht im virtuellen Internet.“
Bei dieser Meinung würden viele der 71.000 Facebook-Nutzer wahrscheinlich auf „Gefällt mir“ klicken. Obwohl sie von Marcel Reif stammt. Die Antwort der Seitenbetreiber auf eine Interviewanfrage bleibt allerdings aus.