Auf dem Weg zum Training hinter verschlossenen Toren wurde Ståle Solbakken am Mittwochmittag von zwei Security-Kräften flankiert, die Sicherheit seines Jobs beim 1. FC Köln konnten aber auch die Wachleute nicht garantieren. Der Trainer, der sich mit seinen Schützlingen die Beschimpfungen von rund 100 Fans anhören musste, steht nach dem 0:4 (0:3) des stark abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten beim FSV Mainz 05 vor dem Rauswurf. "Ich gebe keine Treueschwüre ab", sagte Geschäftsführer Claus Horstmann im Anschluss an die Schlappe: "Am Ende ist immer der Trainer verantwortlich."
Ruhe am Mittwochvormittag
Nach dieser Aussage scheint äußerst fraglich, ob Solbakken im rheinischen Derby am Sonntag bei Borussia Mönchengladbach (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) noch auf der Bank sitzen wird. Favorit auf die Nachfolge des Norwegers, der seinen Job erst vor der laufenden Saison angetreten hatte, ist der im Februar bei 1899 Hoffenheim entlassene Holger Stanislawski. Auch über eine Lösung mit Ex-Coach Frank Schaefer als Retter wird spekuliert. Zuletzt hatte sich sogar Christoph Daum bei seiner "alten Liebe" ins Gespräch gebracht.
Die Verantwortlichen des Klubs, der zuletzt nur noch negative Schlagzeilen produzierte, scheinen zum Handeln gezwungen - doch zumindest am Mittwoch taten sie es zunächst nicht. Der FC, der die meisten Pleiten und die meisten Gegentore in der Eliteklasse kassiert hat, steht mit lediglich 29 Punkten auf dem Relegationsplatz. Zudem haben die Kölner, die ein schwieriges Restprogramm vor der Brust haben, nur eines der zurückliegenden zehn Spiele gewonnen.
Fans verhöhnen die Mannschaft
Angesichts dieser Bilanz war Solbakkens Hochrechnung nach dem Spiel in Mainz sehr optimistisch. "Wir brauchen vielleicht sechs Punkte aus den restlichen Spielen, um in der Bundesliga zu bleiben", sagte der Coach. Wie die Kölner, die die vergangenen drei Partien in Gladbach verloren haben, in ihrem momentanen Zustand sechs Zähler holen wollen, blieb das Geheimnis des Trainers.
Nach Ansicht von DFB-Sportdirektor Matthias Sammer besteht nur noch wenig Hoffnung für den FC. "Wenn ich das Restprogramm der Kölner sehe, wird mir Angst und Bange", sagte der Sky-Experte mit Blick auf die ausstehenden Partien in Gladbach und beim SC Freiburg sowie zu Hause gegen den VfB Stuttgart und Bayern München.
Resigniert haben auch bereits die Fans, die ihre Lieblinge noch während der Partie in Mainz mit Gesängen wie "deutscher Meister wird nur der FC Köln" verhöhnten. Auch Starstürmer Lukas Podolski war nach der Pleite vor 34.000 Zuschauern in der ausverkauften Mainzer Arena bedient. "Was soll ich jetzt noch erzählen", sagte der deprimierte Nationalspieler, der voraussichtlich zum FC Arsenal wechseln wird, im Vorübergehen.
"Minimalziel" Relegationsplatz
Im Gegensatz zu Podolski zeigte sich Michael Rensing noch kämpferisch. "In Gladbach sollte es eine heiße Schlacht geben", sagte der Torhüter: "Wir sind noch nicht abgestiegen. Wir sind auf dem Relegationsplatz. Der sollte nun auch unser Minimalziel sein." Der Auftritt beim FSV, der durch die Tore von Eugen Polanski (19., Foulelfmeter), Mohamed Zidan (31.), Nicolai Müller (37.) und Adam Szalai (54.) einen leichten Sieg feierte, spricht allerdings nicht für das Erreichen dieses Ziels.
Das sah auch Horstmann so. Der Geschäftsführer fand zum wiederholten Male deutliche Worte: "Ich habe sehr viel Versagen auf dem Rasen gesehen. Es waren einige Totalausfälle dabei, bei einigen fehlte die Einstellung. Ich kann mich nur bei den mitgereisten Fans entschuldigen."
Die Vorstellung passte ins Bild der vergangenen Tage und Wochen. Innnerhalb kurzer Zeit musste der FC den Rücktritt von Präsident Wolfgang Overath und die Trennung von Sportdirektor Volker Finke verkraften. Dazu kamen Alkoholeskapaden zweier Profis und die Verbannung von vier Spielern durch Solbakken. Zu allem Überfluss musste sich der Klub zuletzt auch noch mit Hooligans, die den Verein noch mehr in Verruf bringen, auseinandersetzen.