Die Ruhe hielt genau einen Tag, dann erlebte der 1. FC Köln nach chaotischen Wochen den nächsten Paukenschlag. Mit einer Wutrede am Geißbockheim warf Trainer Ståle Solbakken am Dienstag vier Spieler aus dem Kader für das wichtige Heimspiel gegen Werder Bremen, kritisierte die Boulevard-Medien scharf und eröffnete eine Maulwurfdiskussion. Er unterstellte sogar Funktionsträgern, Interna an die Presse zu verraten.
Milivoje Novakovic, Petit, Kevin Pezzoni und Andrézinho werden am Mittwochmorgen nicht mit ins zweitägige Trainingslager nach Ostwestfalen reisen, sondern müssen am Geißbockheim mit den U-Mannschaften des Vereins trainieren. "Es bringt nichts, mit ihnen zu reden, wenn sie enttäuscht sind, dies ist nicht der richtige Zeitpunkt. Sie sollen in Ruhe nachdenken", sagte Solbakken, der mit seinen Sanktionen die Forderung des Geschäftsführers Claus Horstmann nach "radikalen Veränderungen" umsetzte.
"Er ist mein Kapitän, wenn er in der Startelf steht" Erst am Freitag will der Norweger Solbakken dann das Gespräch mit den Aussortierten suchen. Zudem zählte der Trainer seinen Kapitän Pedro Geromel öffentlich an. "Er weiß selbst, dass er in den letzten beiden Spielen nicht seine Leistung gebracht hat", sagte der 44-Jährige, verzichtete jedoch darauf, dem Innenverteidiger aus Brasilien die Kapitänsbinde zu entziehen. "Er ist mein Kapitän, wenn er in der Startelf steht", sagte Solbakken.
Dem Trainer war am Dienstag anzusehen, dass er sich einiges vorgenommen hatte, er machte seinem Frust energisch Luft. Erbhöfe, das stellte er dabei unmissverständlich klar, wird es in Köln nicht mehr geben. Und ein Aspekt der aufregenden vergangenen Wochen machte Solbakken richtig wütend: "Es gibt viele Informanten, und das ist schlecht. Das sind aber nicht nur die Spieler, sondern der ganze Verein", sagte er, ein klarer Vorwurf mangelnder Geschlossenheit.
"Ich erwarte Respekt!" Auch die Medien bekamen ihr Fett weg. "Ich erwarte Respekt! Ich komme ihnen entgegen und habe immer den offenen Dialog gesucht. Sie rufen mich an, und ich rufe zurück", schimpfte Solbakken. Gewisse Dinge könne er "nicht akzeptieren". Er übernehme die Verantwortung für die Leistung des Teams, könne aber "in ein oder zwei Tagen auch keine Wunder vollbringen".
Im Trainingslager im Hotel Klosterpforte in Harsewinkel will der Coach vor allem an der Abstimmung in der Abwehr feilen. "Wir haben sechs- oder siebenmal zu Null gespielt", sagte Solbakken, "und dennoch haben wir viel zu viele Gegentore kassiert. Das sagt alles, und das müssen wir beenden." Jetzt gehe es vor allem auch um "mentale Stärkung", seine Maßnahmen ließen sich ganz einfach am Samstagabend nach dem Duell mit Bremen (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) am Ergebnis überprüfen.
Horstmann hatte Solbakken Sanktionen nahegelegt, am Samstag hatte der Geschäftsführer vor der Mannschaft auf dem Rückweg vom Bundesliga-Spiel beim FC Augsburg (1:2) im Bus eine Brandrede gehalten. "Drastische Veränderungen in der Mannschaft und in der Trainingsvorbereitung für das Spiel gegen Bremen" hatte Horstmann am Sonntag angekündigt. Solbakken kam ungeschoren davon, obwohl intensiv über seine Ablösung spekuliert worden war.
Der FC schwebt in akuter Abstiegsgefahr, nach jetzigem Stand würde es zu einem Relegationsduell mit dem Zweitligisten Fortuna Düsseldorf um einen Platz im Oberhaus kommen. Nur zwei Punkte trennen die Kölner sechs Runden vor Schluss noch von einem direkten Abstiegsplatz, zuletzt gab es drei Niederlagen in Folge mit insgesamt 3:12 Toren.