VfL

Beispiel Osei Tutu – Bochum braucht andere Strukturen

Jordi Osei-Tutu (20) geriet dabei unter anderem in den öffentlichen Fokus. Er tut sich in Bochum derzeit sportlich und privat schwer, doch nicht nur bei ihm liegen Fehlerquellen.

Osei-Tutu, 20 Jahre alt, ist verspätet zu einem Fototermin seines Vereins erschienen. Ja, solche Pflichttermine müssen eingehalten werden. Und ja, die Begründung, es nicht mitbekommen zu haben ist unglaubwürdig, wenn der Rest des Kaders pünktlich erscheint. Sein Verhalten war in diesem Moment unprofessionell, aber nicht ungeheuerlich – und schon gar nicht unverzeihlich.

Seine Strafe hat er zudem bekommen, eine Extraschicht am Dienstag auf dem Trainingsplatz. Damit ist die Sache für VfL-Trainer Thomas Reis abgehakt. Osei-Tutu hat nicht nur sportlich in Bochum Probleme, auch privat tut er sich im Ruhrpott noch schwer. Das liegt zum einen an ihm selbst, aber auch an der Ausbildung in England sowie der aktuellen Infrastruktur des VfL Bochum.

Der schnelle Außenspieler wurde in der Jugend des FC Arsenal ausgebildet. Das Konzept des englischen Traditionsvereins: Sie nehmen den Talenten sämtliche Aufgaben ab, die sie vom Fußball ablenken könnten, kreieren eine Wohlfühloase um jeden einzelnen Spieler. Das Problem: Die Jungs lernen nicht, sich selbstständig zu organisieren und bekommen Schwierigkeiten, wenn sie mit Herausforderungen in der Realität konfrontiert werden.

Genau das realisiert Osei-Tutu seit seiner Ankunft im Ruhrpott so gut wie jeden Tag aufs Neue: Papiere beantragen, Dokumente abgeben, Führerschein anmelden – all das wurde ihm bislang abgenommen, in Bochum nicht. VfL-Routinier Patrick Fabian unterstützt die Arsenal-Leihgabe bei vielen Dingen, fährt mit ihm zu Behörden, Ämtern und Anlaufstellen. Das ehrt Fabian und zeigt seinen starken Charakter, doch zukunftsfähig ist dieses Modell nicht.

VfL braucht größeres Team um die Mannschaft herum

Dem VfL fehlt derzeit mehr denn je ein größeres Team um die Profimannschaft herum. Nicht etwa im sportlichen oder trainingsspezifischen Bereich. Nein, der Pott-Klub benötigt zum Beispiel einen Angestellten, der sich ausschließlich um jüngere, ausländische Spieler wie Osei-Tutu kümmert. Natürlich hat der VfL nicht die größten finanziellen Möglichkeiten, es ist daher nicht auf Knopfdruck möglich, solch eine Stelle zu schaffen.

Doch um solche Strukturen muss sich Bochum kümmern, wenn sie nicht noch weiter abrutschen und den Anschluss an andere Vereine in der zweiten Liga verlieren wollen. Dieses generelle Problem ist ein Grund für die Schwierigkeiten von Osei-Tutu, beim 20-Jährigen kommen aber noch individuelle Sachen hinzu.

Die Sprache und die Kultur sind neu für ihn. Auch der Sprung vom englischen Jugendfußball in den deutschen Profibereich ist riesig – dafür benötigt es eigentlich Zeit. Die Erwartungen, die sowohl Fans als auch Verantwortliche an ihn hatten, waren realitätsfern. Auch sein Alter muss in der Bewertung eine Rolle spielen. Hinzu kommt, dass die komplette Mannschaft des VfL derzeit nicht funktioniert und er mehr Qualitäten in der Offensive als in der Defensive besitzt. Alle diese Faktoren machen es für ihn derzeit in Bochum schwer.

Aus Mannschaftskreisen hat diese Redaktion erfahren, dass die Verspätung beim Fototermin seine erste größere Verfehlung gewesen ist. Sonst wird er als feiner Kerl angesehen. Seine Strafe hat er bekommen. Der Grund für seinen Fehler sollte aber nicht nur bei ihm, sondern auch in den Strukturen des VfL Bochum gesucht werden.