Hauptgrund für den spektakulären Höhenflug ist das Abwehrbollwerk. Als Erfolgscoach Michael Boris Siegen im Sommer 2011 übernahm, waren die Rot-Weißen noch die Schießbude der NRW-Liga. 2010 schlug es 58 Mal ein, 2011 waren es 54 Gegentreffer. Beim Regionalliga-Aufstieg reduzierte Boris die Zahl der Gegentore auf sagenhafte 23, vier Buden weniger als der Ausnahme-Meister Viktoria Köln. Auch in der Regionalliga ist die Abwehr der Sportfreunde das Prunkstück. Die Gegner durften erst elf Erfolgserlebnisse feiern – erneut Liga-Bestwert.
Defensiv sind die Sportfreunde absolute Spitze
Blicken wir auf das gesamte Zahlenwerk, ist Boris seit 49 Spielen im Amt und spielte 30 Mal zu Null. Dabei vernachlässigen die Siegener aber nicht die Offensive. 103 Mal schlugen sie in dieser Zeit auch selbst zu. Eine Bilanz, die ihresgleichen sucht und wegen der die Sportfreunde auch nicht zu Unrecht vorne dabei sind.
Einer der wichtigsten Stabilitätsfaktoren ist Raphael Koczor. Der Keeper zählt zu den besten der Klasse, zeigt unglaubliche Reflexe, hat einen perfekten Abschlag und strahlt eine Ruhe aus, die sich auf die Abwehr überträgt. Ruhe? „Ja, er hat sich unwahrscheinlich entwickelt und sein Image aufpoliert“, zieht Boris den Hut vor seiner als Enfant terrible verschrieenen Nummer eins.
Boris muss den Spielverderber machen
Den Ruf, ein Heißsporn zu sein, der seine Emotionen nicht im Griff hat, verdiente sich Koczor beim MSV Duisburg. Damals stand der heute 23-Jährige kurz vor dem Sprung in den Zweitliga-Kader, verbaute sich seine Zukunft aber mit einigen Ausrastern selbst. „Er ist sicherlich noch ein Hitzkopf und ab und an muss ich ihn auch noch aus seinem Film herausholen, doch ein bisschen Beklopptheit braucht ein Torhüter auch“, meint Boris und ergänzt: „Für uns ist Raphael unverzichtbar.“
Über die Lorbeeren freut sich Koczor natürlich, gibt sie aber auch gleich an seine Vorderleute Leon Binder und Serkan Dalman weiter: „Unsere Defensive ist zusammengeblieben, davon profitieren wir alle.“ Dass er sich dennoch entwickelt hat, bestätigt der im polnischen Raczibor geborene Koczor. „Ich bin noch derjenige, der ich war, habe aber meine Aggressionen zurückgeschraubt und kenne meine Grenzen. Damals war ich wild im Kopf und bin auf die Schnauze gefallen, jetzt will ich aber nach oben.“
"Hätte gedacht, dass die Liga stärker ist"
Zwar nehmen die Sportfreunde trotz des perfekten Starts das Wort Aufstieg nicht in den Mund, doch den Torwart hat der Ehrgeiz gepackt: „Unser Ziel ist und bleibt der Klassenerhalt, aber natürlich wollen wir jetzt so lange wie möglich oben dabei bleiben.“ Dass Siegen selbst etablierte Klubs hinter sich lässt, damit hätte der ehemalige Ahlener nicht gerechnet: „Ich hätte gedacht, dass die Liga stärker ist und sich Teams wie der WSV oder Lotte klar absetzen. Aber bei uns passt einfach alles zusammen.“ Dank Koczor und Boris.